OTTO BUCHEGGER ERZÄHLT

Mein Vater (er hieß übrigens auch Otto Buchegger) war ein sehr geschickter Handwerker. Er war an vielem interessiert und besonders begeistert hat ihn die Schaffung eines „Perpetuum Mobiles“. Er hat den Begriff selbst nicht verwendet, sondern von Maschinen gesprochen, die sich mit Hilfe der Schwerkraft dauerhaft von alleine drehen können.

Als ich ihm als Student der Technischen Wissenschaften erklärt habe, dass es diese (aufgrund der Hauptsätze der Thermodynamik) nicht geben kann, hat er es einfach ignoriert. Sein Glaube daran war wichtiger als die Fakten.

In unser heutigen Zeit (2020) glauben auch viele Menschen an Vorstellungen, die nicht funktionieren oder nie funktionieren können. Ich nenne sie „Unlösbare Probleme“. Oft sind es Wunschvorstellungen, manchmal aber auch nur scheinbar lästige Nebenwirkungen.

Ein Hauptgrund ihnen einen Namen zu geben ist der Trost, den man darin versteckt. Wenn zum Beispiel das Wetter schlecht ist, versucht man es auch nicht zu ändern, sondern man passt sich an. Zieht dann eben was anderes an, wartet ab oder nimmt einen Regenschirm mit.

Es kann Zeit, Mühe und Frust sparen, diese Einteilung vorzunehmen. Aber es kann auch eine Herausforderung darin stecken, sie vielleicht doch anpacken zu wollen.


Spoiler

Es erwarten Sie einige Frustrationen. Wenn Sie diese nicht ertragen wollen, lesen Sie besser nicht weiter.


Untauglich gewordene Verfassungen

Verfassungen sind weder Naturgesetze, noch (zumindest bei uns) von Gott gegeben, sondern es sind von Menschen geschaffene Konstrukte, die lange gelten sollen. Darum schreibt man sie fest und sorgt auch dafür, dass sie nicht einfach zu ändern sind.

Ich habe großen Respekt vor den Menschen, die klug und erfahren genug sind, gute Verfassungen zu schreiben. Aber auch die besten von ihnen können nicht immer voraussehen, dass sich die Welt so ändern wird, dass ihre Verfassungen schlecht, oft auch gefährlich oder zumindest unpraktisch werden können.

In Demokratien Verfassungen zu ändern braucht meist eine große Mehrheit in den Parlamenten. Sollten nun deren Mitgliedern bei Änderungen Nachteile bekommen, werden sie alles tun, um Änderungen zu verhindern. Besonders kritisch werden Verkleinerungen angesehen. In der Praxis führt dies dazu, dass nur wenige Änderungen durchgeführt werden und Verfassungen unhandlich werden.

Die 2004 gescheiterte Verfassung der EU und die aktuelle Diskussion über die Verkleinerung der Bundestages in Deutschland sind Lehrbeispiele dazu.

Auch die immer wieder geforderten Änderungen des Wahlsystems in den USA werden mit großer Wahrscheinlichkeit weiterhin scheitern.

Palästina Konflikt

Wem gehört das Land, wer war zuerst da? Wer steht hinter den Parteien? Warum gibt es keine dauerhafte Lösung?

Für mich der klassische Fall eines unlösbaren Problems. Hauptursache ist für mich, dass wichtige Betroffene (und ihre Hintermänner) gar keine Lösung haben wollen. Mit dem Konflikt in dieser kleinen Region zu leben, scheint für sie besser zu sein, als ihn zu lösen.

Religiöser Fanatismus

Wer den „wahren Glauben“ gefunden hat, will ihn auch verbreiten. Deshalb ist Missionierung bei einigen Religionen ein wesentliches Element ihres Wirkens. Vordergründig geht es dabei ja um die Rettung von Seelen, das ist jedes Mittel der Gewalt nur recht.

Ich war lange Zeit der (im Nachhinein) irrigen Meinung, dass eine deutliche Trennung von Religion und Staat (Laizismus) das Problem zumindest entschärfen würde, aber die Realität in Frankreich hat mich eines Besseren belehrt.

Das Erbe einer vergangenen Großmacht

Es gibt Staaten, die einmal Großmacht waren und heute klein (und damit unbedeutend) sind und damit auch ganz gut zurecht kommen. Österreich, Portugal würde ich in Europa dazu zählen. Auch mit Abstrichen die früheren Kolonialmächte Belgien und Niederlande.

Aber es gibt andere, die immer noch mit den Erfolgen in der Vergangenheit leben wollen und ihre Großmachtfantasien träumen wollen. Allen voran natürlich Russland und China. Russland ist ökonomisch ein Zwerg, China war lange militärisch ein Zwerg. Beide werden systematisch daran arbeiten, wieder zu früherer Bedeutung zu gelangen.

Dieses Großmachtstreben halte ich für extrem gefährlich, weil es meist auch mit Verschiebungen der Grenzen einhergeht. Und das heißt immer auch Krieg. Aber es verhindern zu wollen, scheint mir sehr schwierig zu sein. Man kann mit den damit verbundenen Illusionen viele Menschen motivieren. Die letzten Weltkriege mit ihren vielen Toten und großen Schäden scheinen fast schon wieder vergessen zu sein.

Menschlicher Kommunismus

Ein Traum, der oft versucht wurde, aber dann doch immer wieder gescheitert ist. Entweder er endet z.B. in Armut oder in großer Unfreiheit. Dabei kann das Experiment im kleinen Rahmen durchaus erfolgreich sein. Wahrscheinlich ist dies auch der Grund, warum es dann auch im großen Stil versucht wird. Für mich aber ist er ein unlösbares Problem und ich finde mich damit ab.

Faire Steuern

Eigentlich dürfte es denkenden Menschen in Deutschland gar nicht so schwer fallen, dass sie ihre Steuern und Abgaben ordentlich zahlen. Vergleichsweise zu anderen Ländern bekommen Deutsche einen guten Gegenwert dafür: billige Bildung für alle, ein akzeptables Gesundheitssystem, ein dichtes, relativ sicheres Verkehrsnetz, ordentliche Daseinsvorsorge (inklusive Müllabfuhr und Trinkwasser), um nur einige Beispiele zu nennen.

Trotzdem ist auch in Deutschland die Neigung groß, wo es geht, Steuern zu vermeiden. Ein kompliziertes Steuersystem macht es für Reiche relativ leicht, die Steuerlast drastisch zu senken. Versuche, mit einer Flat Tax das Bezahlen zu vereinfachen, scheitern regelmäßig.

Ein wirksames Steuersystem zu finden, das überwiegend als fair empfunden wird, scheint zumindest in Deutschland immer noch ein „Unlösbares Problem“ zu sein.

Junge, männliche, unbeschäftigte Erwachsene

Gibt es in einer Gesellschaft zu viele unbeschäftigte, junge, männliche Erwachsene (oder auch Jugendliche), dann sind Probleme vorprogrammiert. So war es immer schon und so wird es auch bleiben.

Die üblichen Versuche dagegen, wie Verlängerung der Schulzeit ohne praktische Ausbildung, Militärdienst ohne echte Notwendigkeit, freiwilliges (unbezahltes) Soziales Jahr oder Orientierungsstudienfächer sind für mich Irrwege. Sie alle verschwenden kostbares Humankapital.

Sport wird für manche, die dafür geeignet sind, ein guter Ausweg sein. Eine unbegrenzte Herausforderung kann Musik bedeuten.

Viel besser aber wäre gute, zielgerichtete Ausbildung und frühe Berufstätigkeit, ermöglicht durch staatliche Lenkung und Förderung. Versäumt man diese Chancen, dann bekommt man echt Probleme.

Soziale Netze ohne Hass

Vielleicht sind sie erreichbar, aber sind es dann noch realistische soziale Netze? Es ist wie mit politisch korrektem Humor. Man mag es vielleicht noch Humor nennen, aber nur wenige werden dazu lachen. Mein Lieblingsnetz Google+ war deshalb für mich so gut, weil es nur wenige benutzt haben. Es wurde kein richtiges Netz.

Mir würde es genügen, bessere Feedbackmechanismen zu benutzen. Stumm schalten, blockieren, liken, empfehlen sind meist schon da. Wie wäre es mit einer Art Guthaben (ich verwende mit Absicht den Begriff Karma nicht), womit man gute Beiträge belohnt und bei schlechten Strafe bezahlen muss? Wer teilnehmen will, muss sozusagen als Mitgliedsbeitrag etwas einzahlen.

Oder mit einer Art Aufnahmeprüfung und einer Probezeit mit einer verpflichtenden Netikette? Dass ungeprüft überall jeder alles sagen und sogar anonym mitmachen kann, ist in meinen Augen keine Meinungsfreiheit mehr. Ein Bot hat keine Meinung, er ist nur eine programmierte Maschine, aber er kann Meinungen beeinflussen.

Der Hass ist so alt wie die Menschheit und internationale, soziale Netze gab es auch schon immer. Zum Beispiel in Form von Handelsbeziehungen oder Religionen. Es würde mich also nicht wundern, wenn man die Gegenmittel für die heutigen digitalen sozialen Netze dort auch findet. Man muss nur danach suchen.

Medien mit Verantwortung

Ja es gibt sie, einige Medien, die bedenken, was sie mit ihren Inhalten bewirken werden. Aber die meisten nützen ihre Freiheit, um mit ihren Inhalten zu verdienen oder zumindest, um zu überleben.

Ich habe gelernt, dass für alle Probleme, aber auch für alle Verbesserungen in einer Gesellschaft Medien zumindest mit verantwortlich sind. Das gilt besonders für lokale Medien, wo man alle Veränderungen leicht erleben kann.

Ich habe aber auch gelernt, dass sich gute Nachrichten schlecht verkaufen. Only bad news are good news.

Also wird es weiterhin Nachrichten geben, die im Wesentlichen die Vorurteile und Meinungen der Leserschaft widerspiegeln, egal ob dies nun Wahrheit oder Lüge sind und ob sie Gutes oder Schlechtes fördern.

Wirklich dagegen ankämpfen kann man nur mit Bildung und dies ist Vielen zu mühselig oder zu teuer.

Public Relations (oder Propaganda) kann und wird als Ersatz dienen. Dort ist wenigstens klar, welche Agenda sie haben. Für Politiker ist der Aufwand minimal, die Wirkung aber beträchtlich.

Gesunder Spitzensport

Bewegung ist für alle von uns wichtig und gesund. Sport in Maßen sicher auch, aber bei den meisten Spitzensportlern habe ich doch Bedenken. Man kann damit sicher reich und berühmt werden. Aber alles, was körperliche Höchstleistungen verlangt, wird oft teuer bezahlt.

Da lobe ich mir Sportarten wie Snooker, wo die Erfahrung wichtig ist, wo alle gleichberechtigt sind, solange sie erfolgreich spielen können und wo auch die Leistung richtig beurteilt wird.

Altersgrenze für Politiker

Ich würde dafür stimmen. Und nicht nur für Führungskräfte in der Politik, sondern auch in der Wirtschaft. Als Grenze etwas zwischen 60 und 65. Aus eigener Erfahrung weiß ich über die körperlichen Grenzen in diesem Zeitabschnitt gut Bescheid.

Aber es gibt viele Gegenbeispiele von viel Älteren. Adenauer zum Beispiel. Aber dann sehe ich wieder die früheren Greise vor mir, im Kreml zum Beispiel.

Je nach Kulturkreis oder Tradition wird diese Frage verschieden beantwortet werden. Für mich bleibt es ein Offenes Problem, also ein Problem, für das es (noch) keine klaren Lösungen gibt.

Jugendwahlrecht

Wer wählen darf, muss dafür auch Verantwortung übernehmen können. Linke Parteien aber schielen nur auf eine leicht zu beeinfussende und damit ziemlich sichere Wählerschaft. Selbstverständlich kann man das Erwachsenenalter senken, zum Beispiel auf 16 Jahre. Voraussetzung ist dann aber auch, dass die Menschen sich selbst ernähren und selbständig leben können. Dann steht einer Wahl mit 16 auch nichts im Wege. Ohne diese Änderung aber ist die Diskussion darüber müßig.

Folgen der Dummheit reduzieren

Ja, ich weiß, selbst die Götter kämpfen vergebens gegen die Dummheit. Und das klassische Gegenmittel, nämlich Bildung, ist auch nicht immer anwendbar (siehe oben). Aber man kann die Folgen reduzieren, indem man die Macht der Dummen beschränkt. Eine Möglichkeit dazu ist, nicht ständig Werbung für ihre dummen Taten zu machen, indem man sie permanent anprangert und sie so immer wieder in den Mittelpunkt stellt.

Aber man lebt leichter mit der Dummheit, wenn man ihr weniger Aufmerksamkeit schenkt oder die Dummen besser gar nicht wählt.


Manche „Unlösbare Probleme“ finden von kreativen Menschen dann doch ganz einfache Lösungen. Ich denke da an den Gordischen Knoten  oder an das Ei des Columbus.

Und auch die Maschinen meines Vaters haben letztendlich einen Nutzen gefunden. Er hat daraus eine Abwickelmaschine für Wollstränge gebaut (eine Art von Haspel), die sich in unserer Familie großer Beliebtheit erfreut hat.


Nachbemerkung

Man kann aus Fehlversuchen immerhin lernen. Die wichtigste Lektion in der Praxis ist, die Finger von unlösbaren Problemen zu lassen und sich nicht einzumischen. Wenn dies nicht möglich ist, nur Teilaspekte versuchen anzupacken. Auch kleine Fortschritte können Erstaunliches bewirken.

Manche suchen ihr Heil, indem sie ihr Versagen im Umgang auf andere Schuldige schieben. Ist zwar nicht besonders kreativ, aber man kann damit etwas Zeit gewinnen. Und wenn gar nichts mehr hilft, kann man immerhin noch zurücktreten.


Kontext

Diese Seite wurde während der Corona Seuche im Frühjahr und Sommer 2020 geschrieben, parallel zu Erfahrung oder Vorurteile. Sie berührt auch einige weitere Themen dieser Domain, wie z.B. Mein Wahlprogramm - Update 2019 oder Sunset Clause - Wann und wie etwas enden soll (2020)


Ganz herzlichen Dank an Sigrid Gallmayer, Tübingen, für Korrekturen und Kommentare!


Blume

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