OTTO BUCHEGGER ERZÄHLT

Ich mag durchaus auch, wenn etwas endet. Etwas zu beenden, hat mir schon oft große Genugtuung verschafft. Es ist jetzt fertig, abgeschlossen, kann z.B. verkauft werden und bringt dann Wohlstand, um ein Beispiel zu nennen.

Mein erster Managementjob war die Entwicklung eines End-of-Job Programms. Das sind die Programme, die in einem Betriebssystem den Computer wieder „aufräumen“. Es war technisch keine große Herausforderung, eher sorgfältige Fleißarbeit, aber die Arbeit verschaffte einen Überblick, was alles in einem Rechner passieren kann und dann nicht normal zu Ende geht.

Es war wie jedem anderen Aufräumen auch. Ich zumindest fühlte mich jedes Mal nachher besser. Das hat schon zur Studienzeit begonnen, als ich nach einer bestandenen Prüfung die Skripten entsorgt habe. Sie landeten meist nicht im Papierkorb, meist habe ich Abnehmer dafür gefunden, manche haben sogar dafür bezahlt. Und sie waren aus meinem Blickfeld und ich hatte Platz für Neues.

Wenn möglich sollte man das Beenden feiern. Aber das ist gar nicht so leicht, habe ich in meinem Berufsleben festgestellt. War das Produkt ein Erfolg, dann ist die Entwicklung stets weitergegangen. Man konnte also höchstens einen Abschnitt feiern. War es ein Misserfolg (was nicht selten vorkam), dann wollte niemand mehr etwas damit zu tun haben. Ich habe öfters versucht, auch bei Flops eine „Post Mortem Analyse“ zu initiieren, es war vergebens.

Kreative Menschen haben oft Probleme, sich von ihren Werken oder Schöpfungen zu trennen. Einige von ihnen, haben dann zum Schluss ihre Arbeit dokumentiert und eine „Ruhmesmappe“ angelegt. Mit manchen von ihnen bin ich gealtert und diese Mappen der eigenen Werke haben den Künstlern lange Genugtuung verschafft. Und sie haben es auch erleichtert, Abschied von den früheren Erfolgen zu nehmen.

Begräbnisse erfüllen einen ähnlichen Zweck. Es wird Abschied genommen und wenn die Bestatter sich Zeit für die Verwandten nehmen, kann die Abschiedsrede auch durchaus eine Ruhmesrede werden.

Ein Ende eines Abschnitts ist fast immer der Anfang eines neuen Abschnitts. Auch wenn oft die Übergänge schwer fallen, so ist es meist. Ich habe einige Witwen erlebt, die nicht mehr an einen neuen Abschnitt geglaubt haben. Aber die Zeit hat sie dann doch überzeugt. Meine Mutter zum Beispiel ist nach kurzer Trauerzeit richtig aufgeblüht. Sie hat begonnen, die neue Freiheit zu genießen, hat viel unternommen, viel Neues begonnen und erlebt. Ihre Witwenzeit hat fast 30 Jahre, oder ein Drittel ihres Lebens, gedauert.

Als sie dann selbst Abschied vom Leben nehmen musste, habe ich sie oft daran erinnert, was sie alles geschaffen hat oder ermöglicht hat. Auch sie hat gespürt, dass es nach ihrem Leben weitergeht und sie ist friedlich gestorben.

Sportler, Politiker und andere Berufe mit vielen Höhen und Tiefen sind gut beraten, an einem Höhepunkt abzutreten. Das Ende eines Berufs strahlt lange weiter. Der Erfolg genau so, wie der Misserfolg. Da ist es doch viel klüger sich weiterhin im Erfolg zu sonnen. In der Realität ist es aber doch schwerer, als wie ich das hier so schreibe.

Sich rechtzeitig zu verabschieden scheint eine schwierige Angelegenheit zu sein. Ich habe daher vor allen Menschen Respekt, die das gut hinkriegen. Besonders wenn es Menschen mit großer Macht waren.

Aus dem Archiv von Otto Buchegger

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