OTTO BUCHEGGER ERZÄHLT

Wir unterscheiden in der deutschen Sprache nicht mehr zwischen Träumen, die wir im Schlaf geträumt haben (engl. "dream") und Vorstellungen, wie etwas in der Zukunft sein könnte (engl. "daydream"), früher hat man Träumerei dazu gesagt. Letztere Träumereien sind eine Vorstufe zu Visionen und sie haben mich ehrlich gesagt nie lange bewegt. Was ich haben wollte, davon habe ich nicht geträumt, sondern daran habe ich gearbeitet und auf diese Weise ja auch genug bekommen und erreicht.

Wenn ich zurückblicke, dann kann ich mich an viele schöne Träume - und von jetzt ab meine ich nur die tatsächlich im Schlaf geträumten - erinnern. Als Kind habe ich im Traum, wie übrigens auch in Wirklichkeit, oft etwas gefunden, was mich erfreut hat.

Meist waren es Münzen und ein dazugehöriger Traum kam besonders oft vor. Darin habe ich auf dem Boden etwas gesehen, was geblinkt hat, ich bücke mich und entdecke eine Münze (z.B. eine wertlose 10 Groschenmünze aus Aluminium) und daneben schaut noch ein weiteres Münzstück aus dem Boden heraus. Ich beginne zu schaben und zu graben und nach einiger Zeit komme ich auf einen Haufen mit lauter Münzgeld. Nun sind nicht nur die üblichen Münzen dabei, sondern es kommen auch Silber- und Goldstücke zum Vorschein und ich fühle eine große Freude.

Ein anderer Traum war, dass ich fliegen konnte. Entweder so flach über dem Boden ohne ihn zu berühren oder mit intensiver gedanklicher Anstrengung auch über hohe Häuser. Ich habe diese Träume sehr genossen. Aber dann hat mir mein Philosophie Lehrer gesagt, das sei ein Zeichen großer Unsicherheit und das hat mir die Freude verdorben und die Träume sind auch wieder verschwunden.

Als Jugendlicher hatte ich viele erotische Träume, mit dem damit verbundenen Samenerguß. Auch diese waren wunderschön, aber sie verschwanden schlagartig mit dem Finden einer lebendigen Sexualpartnerin.

Die Zeit um die Matura (Abitur) war extrem nervig für mich und sie hat bewirkt, dass Traum und Trauma sich hier die Hand gegeben haben. Das einschneidende Ereignis hat mich viele Jahre später noch davon träumen lassen. Also ich schätze mal, an die 20 Jahre habe ich davon immer wieder geträumt und ich war froh beim Aufwachen, dass es wirklich nur ein Traum war. Dabei ist die Matura selbst eher harmlos gewesen (ich habe mit Bestnoten abgeschlossen), sondern es waren andere Faktoren, unter denen ich gelitten habe.

Schon als Kind habe ich gelernt, dass ich Träume beeinflussen kann. Erstens habe ich mich selbst aufgeweckt, wenn mir etwas im Traum zu unangenehm geworden ist und zweitens haben ich den Träumen eine für mich angenehme Wendung geben können. Ich konnte mir wünschen, was ich Träumen werde. So habe ich mir ganze Fortsetzungsreihen von schönen und interessanten Szenen vorstellen können, die übrigens sicher auch alle ganz gute, zumindest aber kreative Filme gewesen wären.

Mit zunehmendem beruflichen Streß (so mit Ende dreißig) habe ich zur Erholung oft ganze Schlaftage eingelegt. Es war nicht ungewöhnlich, dass ich im Urlaub bis zu drei Tagen geschlafen habe, immer nur unterbrochen von Nahrungsaufnahme und Ausscheidung. In diesen Phasen leichten Schlafes habe ich nicht nur besonders intensiv geträumt, sondern ich konnte mich auch an viele Träume gut erinnern.

Der Standardtraum jetzt im Alter ist die Suche nach einer Toilette. Die Blase drückt im Schlaf und damit ich nicht aufwache träume ich noch einige Zeit, dass ich eine Toilette finden werde. Aber alles ist umsonst, irgendwann muss ich dann doch aufstehen. Diese Träume aber waren hilfreich, um dieses im Alter dringend werdende Problem des Ausscheidens ohne Tabus auch in unserer Gesellschaft ins Bewußtsein zu bringen.

Ich bin mit 50 Jahren in den vorzeitigen Ruhestand gegangen und vernünftig betrachtet war das bis heute (mit 67) eine sehr gute Entscheidung, die ich rational auch nie bereut habe.

Meine Träume aber sagen mir was anderes. Bis heute träume ich immer noch von Szenen in meiner ehemaligen Firma (die in der Form der Vergangenheit schon lange nicht mehr existiert). Die Träume haben verschiedene Gestalt: Oft komme ich zur Arbeit und niemand scheint mich mehr zu kennen. Oder mein Büro wurde umgezogen und ich finde den neuen Arbeitsplatz nicht mehr. Oder es wurde umorganisiert und ich habe dabei keine neue Aufgabe bekommen.

Es sind immer verletzende, das heißt wirklich auch traumatische Ereignisse, die mich sogar aufwachen lassen. In Wirklichkeit hat dies, zumindest in der geträumten Form, nie so gravierend stattgefunden und auch das Verlassen der Firma ging Dank eines menschlichen Chefs schmerzlos. Ich habe auch ein ausgewogenes, überwiegend zufriedenstellendes Leben als Rentner gefunden. Trotzdem scheint aber die - seinerzeit durchaus gewünschte - Mobilität dauerhaften Schaden angerichtet zu haben.

Ich halte es für wichtig, dass man Träume erzählen kann und sich fragen kann, was will mir der Traum sagen. Es bereichert das Leben. Jedoch lege ich nicht zu viel Wert auf Traumdeutung. Viele extrem wichtige oder auch belastende Ereignisse waren dann im Traum nie so wichtig, dass ich mich beim Aufwachen noch daran erinnert hätte.

Es ist eine angenehme gesellschaftliche Aufgabe, dass man Träumen zuhört, die andere bewegen. Und es ist eine wichtige Pflicht der Eltern, sich die Träume ihrer Kinder anzuhören, wenn sie darüber reden wollen.

Aus dem Archiv von Otto Buchegger

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