OTTO BUCHEGGER ERZÄHLT

Als geborener Österreicher waren Titel für mich interessant. Ich habe ihnen daher auch eine Seite auf der Praxilogie gewidmet. Aber im Laufe eines langen Lebens lernt man dann doch, dass nicht alle Titel auch einen Wert haben.

Titel, das Sahnehäubchen einer Persönlichkeit
Titel, das Sahnehäubchen einer Persönlichkeit

Manche verändern ihre Bedeutung, aus Anerkennung wird dann eher eine abwertende Bezeichnung. Den "Qualitätsjournalisten" würde ich dazu zählen. Ursprünglich sicherlich eingeführt, um die hohen Kosten der Medien zu rechtfertigen, wird er heute für besonders krasse Fehlleistungen im Journalismus verliehen.

Andere, auch selbstverliehene, erhöhen wieder ihren Wert, eigentlich ohne Begründung. So gab es in meiner Stadt einen originellen Buchhändler, der sich gerne als "Vollbuchhändler" präsentiert hat und natürlich die Frage provoziert hat, wo denn der Unterschied sei. Obwohl bald klar war, dass es keinen gibt, so hat er trotzdem eine besondere Stellung zugesprochen bekommen, zumindest für einige Zeit.

Man sollte meinen, ein "Ehrenbürger" sei ein attraktiver Titel. In manchen Städten vielleicht schon, aber in meiner Stadt eher nicht. Erstens gibt es außer dem Titel nichts dazu, keinerlei Leistung oder Vergünstigung und zweitens kann er jederzeit durch Gemeinderatsbeschluss wieder entzogen werden, auch posthum. Was aber für mich am meisten zählt, das ist die Wertschätzung durch die Bürger selbst. Ich ging fast jeden Tag an Gräbern von einigen Ehrenbürgern vorbei und besonders zwei finde ich bemerkenswert. Eines ist extrem ärmlich, das andere total verwildert. Gräber von Ehrenbürgern stelle ich mir anders vor.

Ähnliches gilt für deutsche "Bundespräsidenten". Das höchste Amt im Staat hat kein gutes Image. Ich habe schon einige Amtsinhaber erlebt, so richtig Respekt haben die Menschen vor ihnen nicht. Vielleicht ist das aber auch so gewollt. Dass der Bundespräsident nicht direkt vom Volk gewählt wird, hat damit wenig zu tun, vermute ich. Vielleicht sind einfach die Erwartungen zu hoch und dann ist jede Wahl eine Enttäuschung und mit jeder Enttäuschung sinkt der Wert.

Für akademische Grade gilt ähnliches. Ich habe daher schon lange aufgegeben, mich mit ihnen zu schmücken.

Zu den höchsten Titeln, die verliehen werden, gehören die Nobelpreise. Hier gibt es neben den Auszeichnungen auch noch richtig viel Geld dazu. Heute ist es die vergebende Institution selbst, die ihre Titel entwertet. Friedensnobelpreis, was zählt der noch? Oder Nobelpreis für Literatur?

"Bundeskanzlerin" ist ein Titel, der das Amt stark aufgewertet hat. Er drückt Bewunderung für Angela Merkel aus, nicht nur in ihrer Funktion, sondern auch in ihren persönlichen Leistungen.

Die Titel im Sport hingegen sind durchgehend auf dem absteigenden Ast. Zu viel Doping, zu viel Korruption, zu viel Kommerz, wer will denn das noch sehen?

Bei vielen Berufstiteln gibt es eine Inflation, die die Titel entwerten. Wenn jeder Berater, Experte, Konsultant oder Direktor sein kann, was sagt denn das noch aus? Wenn sich die Dauer von Stars, Gewinnern von Wettbewerben und anderen Medienprodukten auf wenige Wochen beschränkt, dann erhöht das nicht gerade deren Wert. Wie Sternschnuppen strahlen sie zu kurz, um in Erinnerung zu bleiben.

Für mich persönlich sind zwei Titel wichtig, "unser DJ" und "unser Opa". Den ersten habe ich mir mit viel zeitlichem Aufwand persönlich erworben, den zweiten habe ich von meiner Tochter verliehen bekommen. Damit bin ich zufrieden und ich hoffe so auch in Erinnerung zu bleiben.

Aus dem Archiv von Otto Buchegger

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