Als Jahrgang 1944 gehöre ich zur Generation, die mit einigen der hier gezeigten Geräten tatsächlich gearbeitet hat. Ich habe (ab 1962) dazu eine formelle Ausbildung an der Technischen Universität Wien (früher noch Technische Hochschule, TH, Wien) bekommen und ich konnte dann in Folge die neue Entwicklung der Informatik sogar selbst mitgestalten.
Mein Rechenschieber, der mich die Studienzeit begleitet hat
Es war zu Beginn gar nicht so klar, wie sich die Informatik entwickeln wird. Sogar der Name "Informatik" war noch nicht etabliert. Anfangs sah es so aus, als würde sich eher der Begriff "Computer Science" durchsetzen. Meine Ausbildung begann mit dem Hochschulkurs "Moderne Rechentechnik" und sie wurde stark durch das Wiener IBM Labor und ihrem Leiter, Prof. Heinz Zemanek, geprägt.
Der Abakus, für uns heute nur noch ein Dekorationsstück
Die Karriere, die damit eingeleitet wurde, war auch im nachhinein und kritisch gesehen einfach traumhaft. Es war weniger der finanzielle Erfolg, der mich zu dieser Aussage verführt, als ein wirklich interessanter Beruf, mit vielen Kontakten zu hoch intelligenten Menschen, schönen Reisen, langen Auslandsaufenthalten und viel beruflicher Anerkennung. Natürlich hatte ich das Glück der richtigen Stunde. Es war der Anfang einer Entwicklung, die viel erfolgreicher war, als man sich es jemals hätte träumen lassen, sowie eine Zeit langen Friedens (trotz ständiger Kriegsgefahr im kalten Krieg) und diese Chancen sind in der Geschichte der Menschheit nicht allzu häufig.
Der Curta Rechner (Typ I, Nr. 29819), die kleinste,
mechanische 4 Spezies-Rechenmaschine
(dazu eine detaillierte Beschreibung
der Konstruktion im Internet)
Es ist daher verständlich, dass mich Rechengeräte mein ganzes Leben wirklich begeistert haben. Waren sie doch der Anlass, mich dem Beruf des Systemprogrammierers zuzuwenden, der über fast 20 Jahre mein wesentlicher Lebensinhalt war.
Ein Kreisrechenschieber am Aristo Aviat
Eigentlich haben die hier auf dieser Site gezeigten Rechengeräte, Rechenschieber und Rechenmaschinen gar nichts mehr mit den sich daraus entwickelnden Computern gemeinsam. Und auch die Informatik, wie sie sich entwickelt hat, hat heute ganz wenig mit der Revolution zu tun, in der wir schon lange stecken. So haben nur wenige Informatiker wesentlich zum Internet beigetragen, die Informatik ist an manchen Unis zu einer formalen, mathematischen Disziplin degeneriert, mit inzwischen geringerer praktischer Bedeutung. Aber dennoch gehört, mit großen Abstand gesehen, doch alles in eine Sequenz, auch wenn es im Detail nicht so aussieht.
Ein von Hellmut Fischer in Kriegsgefangenschaft selbst gebauter Rechenschieber
Die Faszination der Rechenmaschinen liegt u.a. in der Macht, die sie ihren Benutzern verleihen. Sie unterstützen auf der einen Seite die Faulheit der Menschen, auf der anderen Seite multiplizieren sie ihre Intelligenz. Wer einmal einem Algorithmus verstanden hat, kann ihn dann ganz mechanisch auf alle ähnlich gelagerten Fälle anwenden.
Eine einfacher Rechenschieber System Seehase
Mit der Digitalisierung des Rechnens kam dann eine in der analogen Welt bisher nicht gekannte Zuverlässigkeit und Genauigkeit dazu. Sie ermöglichte den Bau riesiger Softwaresysteme, die heute zu den kompliziertesten, künstlich geschaffenen Gebilden der Menschheit gehören.
Nestler Rechenwalze, entspricht einem 1,6 Meter langem Rechenschieber
Letzten Endes hat dann die Technologie eine Schnelligkeit erlaubt, die auch alle bisher bekannten Grenzen gesprengt hat. Und dies alles zu Preisen, die sich die meisten Menschen auch leisten können.
Davon ist bei den alten Rechenmaschinen wenig zu spüren. Als analoge Geräte, wie die Rechenschieber, waren sie ungenau, als digitale, mechanische Geräte auch sehr langsam. Aber dafür kann man bei ihnen noch die Funktionsweise verstehen, man kann zuschauen, wie sie funktionieren, das versuche einmal einer bei einem modernen Rechner, die viel eher Lebewesen als Maschinen ähneln.
Die Sammlung meiner Rechengeräte ist klein und objektiv gesehen auch eher bedeutungslos. Sie hat primär für mich persönliche Bedeutung und dass ich sie hier zeige, dient eher der Information meiner Kinder, als einem Beitrag zur Geschichte der Rechenmaschinen, von denen es unzählige und auch sehr gute gibt, z.B. "The collection of calculating devices"
Der Rechenschieber meines Vater, den er mir für das Gymnasium geschenkt hat
Sie begann mit einem Rechenschieber, den mir mein Vater, der ihn für seinen Beruf als Werkzeugmacher gekauft hatte, für das Gymnasium vermacht hat. In der Folge habe ich weitere Rechenschieber für mein Studium gekauft. Später folgten dann elektronische Geräte, die zwar sündteuer waren, aber nicht lange nutzbar, weil ständig neueres und besseres die alten Geräte überflüssig gemacht hatte.
Ein einfacher Aristo Rechenstab, das "akademische Unterstreichungslineal"
Von den elektronischen Taschenrechnern, Tischrechenmaschinen und späteren Computern habe ich mich immer bald getrennt. Einige sind bei Sammlern gelandet, die meisten aber im Elektronikschrott.
Aristo Stahlbeton 940 Spezial Rechenschieber
Die mechanischen Geräte habe ich aufgehoben. Bei ihnen war es vor allem die Präzision und Feinmechanik, die sie so interessant gemacht hat. Aus ähnlichen Gründen habe ich früher auch Uhren und Fotoapparate gesammelt. In den frühen Achtzigern, als das Ende der Rechenschieber absehbar war, habe ich einige noch neue Spezialgeräte billiger aufgekauft, andere habe ich auch geschenkt bekommen.
Komplexe Skalen und Läufer auf dem Aristo 940
Hülle eines Aristo Rechenstabs
Ich habe bei allen Geräten darauf geachtet, auch die Bedienungsanleitungen zu schonen und aufzuheben. Sie sind heute oft kostbarer, als die Rechenmaschinen selbst, denn ohne sie kann man meistens wenig mit den Geräten anfangen und sie gehen leichter kaputt, als die robusten Geräte.
Auf dieses Gerät bin ich besonders stolz. Es ist absolut neuwertig, wurde nie praktisch benutzt und es hat ein kopierte Rechenanleitung. Ich bekam es als ehemaliger Hochschulangehöriger direkt vom Institut für Feinmechanik der TH Wien (Prof. Holecek), das an der Entwicklung mit beteiligt war. Als Student habe ich dort viel Zeit verbracht und das Modell in einer Vitrine bewundert. Prof. Karl Holecek hat in seinem Aufsatz "Neue konstruktive Weg im Rechenmaschinenbau" 1951 alle Details dieses feinmechanischen Wunderwerks beschrieben.
Gemäß der CURTA Datenbank stammt mein Rechner aus dem Januar 1957, das war lange vor meinem Studienbeginn.
Dieser Präzisions-Rechenstab von A.W. Faber Castell aus Stein bei Nürnberg hat mich viele Jahre meiner Studienzeit begleitet. Dem entsprechend ist auch sein Zustand. Die Hülle zeigt starke Gebrauchsspuren, das Gerät (aus Geroplast) selbst ist aber noch ganz in Ordnung. Wahrscheinlich findet man auf ihm noch Schweißspuren von unzähligen Prüfungen, die ich machen musste.
Auf einer der Laschen sind mein Name und meine Matrikelnummer eingeritzt (Otto Buchegger, MN 623/62). Ich wollte ihn auf keinen Fall verlieren, u.a. weil er für meine Verhältnisse fast unerschwinglich teuer war. Sein besonderes Kennzeichen war eine "abgebrochene 50 cm Skala". Man konnte damit die einfachen Rechenoperationen so genau rechnen, als hätte man ein doppelt so großes Modell.
Die Anleitung ist komplett und in gutem Zustand. Wie bei Rechenschiebern üblich, war auch sie gefaltet.
Aufschriften auf der Plastik-Hülle: FABER-CASTELL Präzisions-Rechenstab, Precision slide rule, Regle ?? calcul de precision, Regla de calculo de precision
Diesen Aristo-Rechner habe ich mir im Jahre 1980 für 191.90 DM bei der Firma Steinmann in Stuttgart gekauft. Ich musste ihn unbedingt besitzen, weil er das Musterbeispiel eines Spezial-Rechengeräts ist. Ich habe mir sagen lassen, dass ähnliche Geräte (vor allem in den USA) noch lange im Einsatz waren. Diese Art von "Rechenschiebern" hat die anderen überlebt und war gegen die elektronische Konkurrenz auch nach 1975 erfolgreich.
Ich bin kein Flieger und verstehe die vielen Funktionen des Geräts nicht wirklich. Bemerkenswert aber ist die Rechenscheibe, die immer gleich ein ablesbares Ergebnis ergibt, etwas, was bei den Standardrechenschiebern mit Körper und Zunge ja nicht der Fall ist.
Mein Gerät ist absolut neuwertig und komplett, mit Hülle und 48 seitiger Gebrauchsanleitung in deutsch. Die Originalverpackung zeigt allerdings deutliche Gebrauchsspuren.
Hellmut Fischer ist mein älterer Freund (geb. 1920) aus Tübingen und treuer Musikbegleiter auf dem Klavier. Er kam nach dem Krieg in amerikanische Kriegsgefangenschaft und arbeitete dort in einem Auslieferungsdepot für die U.S. Army in der Nähe von Marseille in Frankreich.
Hellmut Fischer vor seinen Exponaten im Tübinger Stadtmuseum
Als Orgelbauer wusste er die Logarithmen bis 10 auswendig und hat mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln in seiner Freizeit 1945 diesen einzigartigen Rechner gemacht. Bemerkenswert ist, dass er bis heute funktioniert und relativ genau ist.
Die Firma Albert Nestler aus Lahr (Baden) hatte versucht, die Genauigkeit der Rechenschieber durch Stückelung der Skala dramatisch zu erhöhen. So ist mein Modell nur 26 cm lang, hat aber die Genauigkeit eines 1,6 Meter langen Rechenschiebers! Die Skala auf der Walze, wie auch auf dem Schieber wurde in 16 Teile aufgebrochen. Durch Überlappung der Skalen ist immer ein Ergebnis sofort ablesbar.
Mein Modell war das kleinere der Nestler Rechenwalzen. Mit dem Modell 44a hatte man mit 33 cm Länge die Genauigkeit eines 3,75 Meter langen Rechenstabes, das Modell Nr. 45 hatte sogar die Genauigkeit eines 12,5 Meter langen Rechenschiebers, war dann aber auch 2,5 kg schwer.
Diese beachtliche Ingenieurleistung war allerdings eine Sackgasse. Denn außer den Grundfunktionen konnte man sonst nichts mit dem Rechenwalzen anfangen, den sie hatten praktisch nur eine Skala. So ist auch die Gebrauchsanleitung nur drei Seiten kurz.
Mein handliches Modell ist in einem sehr guten Zustand, voll funktionsfähig und komplett, mit Kunstlederabdeckhaube, in einem leicht beschädigten blauen Original - Pappkarton, so wie einer "Einführung in den Gebrauch der Nestler Rechenwalzen".
Der ARISTO-Stahlbeton Nr. 940 ist ein spezieller Rechenstab für den Stahlbetonbau. Er trägt die für den Bauingenieur (Statiker) besonders vorteilhafte Anordnung der Quadratskalen A/B, Kehrwertskalen BI/CI und Grundskalen C/D.
Ich habe ihn 1978 für einen Sonderpreis von 72 DM in Stuttgart gekauft, er war einige Monate zuvor noch für 120 DM ausgeschrieben gewesen. Sein Design stammt aus dem Jahr 1972. Bemerkenswert an ihm ist besonders der leicht austauschbare, einseitige Läufer (L 940 / DIN 1045 n-los). Der Rechenstab wurde aus ARISTOPAL hergestellt. Er wurde nie praktisch eingesetzt und sieht deshalb immer noch wie neu aus.
Die 31-seitige Anleitung erklärt vor allem die Stahlbeton Sonderfunktionen. Der heute rare Rechenstab wurde in einer stabilen grau-weißen Box aufbewahrt, in der auch ein ARISTO NZ Masstab (ARISTO 1364) Platz findet. Lediglich die Schaumstoffisolierung der Boxöffnung hat die Zeiten nicht überlebt und wurde bröselig, bevor ich sie dann ganz entfernt habe.
Dieses inzwischen seltene Gerät hat mir mein Schwiegervater geschenkt. Er hat es viele Jahre in seinem Beruf als Kaufmann verwendet. Lipsia ist der lateinische Name für Leipzig. Details...
Lipsia Sprossenrad Rechenmaschine aus der DDR
Im Herbst 2006 feierte er seinen 25. Geburtstag, da ist es schon angebracht zum Nachfolger der mechanischen Rechenmaschinen einige Worte zu verlieren. Ich erinnere mich noch genau an einen Vortrag von James Martin (in den 80er Jahren ein hoch bezahlter Star der Datenbank-Ausbildung), in dem er die Vision vorgetrug, dass wir am Beginn eines neuen Zeitalters sind, das uns einen ungeahnten Zuwachs an Erkenntnis und Kunst bringen wird.
Ehrlich gesagt, habe ich ihm nur ungläubig zugehört. Warum sollte die Tabellenkalkulation (damals der Renner für PC Anwendungen, Visicalc war der Hauptgrund, die Killerapplication, wie man das nannte, warum sich Menschen und kleine Firmen PCs kauften) etwas zur Kunst beitragen?
Wenige Jahre später, der PC war zwar erfolgreich im kommerziellen Bereich eingeführt, aber stand in Privathaushalten vielfach nur als Staubfänger herum (es gab seinerzeit spezielle Staubabdeckhauben dafür!) bevor ihn die Kids zum Spielen entdeckten, fragte in einem Computerexpertenseminar jemand den Vortragenden, was man denn mit dem PC anfangen sollte. Auch seine Antwort war visionär, aber ebenfalls nicht von mir spontan akzeptiert: Alles was wir heute machen, werden wir mit dem PC besser (genauer, schneller und billiger) machen. Aber wir werden diese Computer bald nicht mehr sehen, sie werden in anderen Geräten total integriert sein.
Wenn ich heute meine Digitalkamera verwende, Musik aus dem mp3 Player höre oder mit Google Earth virtuell über den Panamakanal fliege, wird mir klar, wie Recht diese Menschen hatten und wie wenig Fantasie wir (auch ich) hatten, uns alle Konsequenzen dieser Entwicklung vorzustellen.
Die folgenden Fotos stammen aus dem Jahr 2006 von einer Ausstellung im Stadtmuseum Tübingen. Diese Exponate sind leider nicht aus meiner Sammlung, aber sie passen gut auf diese Seite.
Nachbau einer Rechenmaschine von Wilhelm Schickard
Nachbau einer Rechenmaschine von Philipp Matthäus Hahn
Personal Computer
Vorläufer des Personal Computer
IBM Personal Computer, das Original