OTTO BUCHEGGER ERZÄHLT

Bei einer Überwinterung im Süden habe ich eine interessante, alte Dame von 86 Jahren kennen gelernt. Sie war sehr gesprächsfreudig und hat mir alle Schwierigkeiten ihres Lebens geschildert. Vertreibung, Flucht, Verlust des Mannes im Krieg, alleinerziehend, die ganze Palette.

Es waren viele Detailstories darunter, darunter diese, dass sie im Krieg eine Frau gesehen hat, der man die Nase weggeschossen hat. Daraufhin, hat sie gemeint, findet sie alle Menschen schön, wenn sie nur eine Nase haben. Bei all den Problemen hätte man durchaus Verbitterung feststellen können, aber ganz im Gegenteil, sie war ein sehr fröhlicher Mensch und stets guter Laune.

Sie hatte viele nette Sprüche auf Lager, z.B. "man weiß nie, in welchem Bett man am Abend landen wird". Wie ich jung war, habe ich das auch oft gedacht, aber bei ihr war es die Sorge, ob sie den Tag heil überstehen wird und ob sie nicht doch in einem Krankenhausbett landen wird, was offenbar schon einige Male vorgekommen ist.

Wie auch sonst bei alten Menschen, erzählte auch sie gerne von ihren Operationen. Offenbar war eine Ballenentfernung die letzte. Bei der Anamnese wurde festgestellt, dass sie - außer einem rezeptfreien Blutverdünner - keinerlei Medikamente zu sich nimmt. Die Ärzte wollten das nicht glauben und haben deshalb ihre auch schon betagte Tochter einbestellt, aber auch diese hat bestätigt, dass ihre Mutter keinerlei Medikamente zu sich nimmt.

Das hat die Mediziner neugierig gemacht und sie wurde gründlich ausgefragt. Wie kann es in Deutschland sein, dass eine betagte Frau völlig ohne Medizin auskommt? Mich hat dies natürlich auch interessiert und auch ich habe mit dem Fragen begonnen. Ehrlich gesagt, konnte ich mir keinen schlüssigen Reim darauf machen. Das einzige Besondere war, dass sie sich gerne und viel bewegt hat und der Tee nicht stark genug sein konnte.

Sie hat sich sehr für medizinische Fragen interessiert, was man daraus ablesen kann, dass sie sich die Apotheken-Umschau in den Urlaub hat nachschicken lassen. Sie war auch ein Fan von Reformhäusern und Bioprodukten. Aber gerade diese Indizien hätte ich nach bisherigen Erfahrung eher bei einem kranken und nicht bei einem so gesunden Menschen erwartet. Es gibt also immer wieder erfreuliche Überraschungen, wenn man auf alte Menschen trifft!

Freude zum Schluss

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