Selbst Laien scheint es klar zu sein, dass es im Journalismus eine Krise gibt. Schuld daran ist meist das Internet, so das allgemeine Verständnis: Die Blogger und die Gratiskultur haben alles vernichtet. Und die Bösen sind heute Google und Facebook.
Ich war zwar nie Journalist, aber der Beruf hat mich interessiert und ich habe viel zu den Diskussionen über die Medien gelesen und auch etwas dazu geschrieben.
Das Grundproblem ist relativ einfach zu formulieren: Es ist unklar, welche Bedeutung oder Aufgabe der Journalismus heute noch hat und wie man ihn finanziert.
Die klassische Definition Öffentlichkeit zu erzeugen ist zu abstrakt. Öffentlichkeit wird heute durch Google definiert. Alles was es findet und anzeigbar ist, ist öffentlich, auch wenn es die von Nichtjournalisten erstellte Wikipedia ist. Die Story von der Vierten Macht im Staate ist unglaubwürdig geworden. Die leider manchmal berechtigten Vorwürfe der Lügenpresse und Fakenews sind klare Anzeichen dafür. Pressefreiheit bedingt auch Presseverantwortung. Medien ohne Verantwortung riskieren abgelehnt zu werden.
Noch am ehesten nachvollziehen kann ich die Aussage, dass es Hauptaufgabe der Journalisten ist, die Bedürfnisse ihrer (zahlenden) Konsumenten zu befriedigen.
Ruiniert haben die alten Finanzierungsmodelle vor allem die Suchmaschinen und ihre diversen Anwendungen. Sie haben viele Meinungen leicht zugänglich und vergleichbar gemacht und in weiten Teilen das Geschäft mit den Inseraten ersetzt, eine der 4 wichtigen Säulen der Finanzierung. Autokauf, Hauskauf, Partnersuche, Urlaubsreisen, das alles ist heute direkt im Netz verfügbar.
Die Blogger haben stark an der Kompetenz der Universalidioten (wie sich Journalisten gelegentlich selbst nannten) gekratzt. Sie kannten vielleicht nicht alle Kommaregeln (wie ich auch nicht), aber sie wussten, worüber sie schreiben. Als Fachleute auf ihren Gebiet konnten sie die Falle der Recherche, die oft in die Irre führte, umschiffen. Viele Blogger, die ich kannte, brauchten die Recherche kaum noch. Sie hatten langjährige Erfahrung auf ihrem Fachgebiet und wussten schlicht Bescheid.
Google hat das Werbegeschäft stark verändert, eine andere Säule der Finanzierung der Zeitungen. Werbung mit minimalen Streuverlusten, das war schlecht zu verdauen, für Medien, die auf breite Streuung angewiesen waren.
Public Relations (PR) hat die Vermittler von Botschaften der Politik und der Firmen stark gestört. War PR gut gemacht, dann wurde sie schnell besser akzeptiert, als wenn ein Unabhängiger sie vermittelt hat. Denn oft war es ganz klar, dass es diese Unabhängigen gar nicht mehr gibt und wahrscheinlich auch nie gab. Und PR hat auch viele gute Leute angezogen, denen diese Aufgabe sicherer war, als das unsichere Schicksal als Journalist.
Den Todesstoß aber haben die Sozialen Netze versetzt. Tratsch, Neuigkeiten, Erfahrungsaustausch, Hetze und Hassbotschaften gingen plötzlich direkt und automatisch, ohne Vermittler. Kein Wunder also, dass die klassischen Medien sie zu ihren Feinden erklären und für sie dieselben Einschränkungen fordern, die sie scheinbar selbst auch haben. Der Unterschied ist aber ein gravierender. Niemand würde die Briefpost verbieten wollen, weil sie auch Erpresserbriefe befördert. Aber viele schreien nach Zensur bei Facebook. Allen voran die Politiker, die früher relativ leicht ihre Medienkanäle kontrollieren konnten, aber keine Macht mehr über das komplexe Facebook haben.
Die Hauptaufgabe der Medien der Zukunft ist weder die Vierte Gewalt, noch Träger der Demokratie oder was immer man für schöne Worte findet. Es ist schlicht lebenslange Bildung für einen besseren Alltag und ein erfolgreiches Berufsleben. Dafür geben die Menschen dann auch Geld aus. Bildung heißt die wichtigen Entscheidungen richtig zu verstehen und zu wählen. So wie früher die Schulpflicht tatsächlich das Leben unserer Gemeinschaft verbessert hat, so können dies auch Medien tun.
Sie können und sollen uns wohlhabender, glücklicher und zufriedener machen. Da wir Menschen alle verschieden sind und auch verschiedene Ausgangspositionen haben, werden die Medien auch anders aussehen müssen. Wie im einzelnen genau, weiß ich nicht. Aber auf jeden Fall müssen sie individueller und mit soliden Nachrichten ein Teil der Grundversorgung sein.
Aber zur Finanzierung habe ich relativ klare Vorstellungen. Das Grundwissen vermitteln die ÖR (Öffentlich-Rechtlichen Medien), also Fernsehen und Radio, auch mit ihren Internetkanälen. Bezahlt wird dafür in Deutschland der Rundfunkbeitrag, genau so wie heute. Nur die Inhalte werden sich mit dem neuen Bildungsauftrag ändern müssen. Keine Angst, das wird nicht so trostlos ablaufen müssen, wie früher der Schulfunk. Man kann auch Bildung interessant vermitteln. Viele Dokus heute und auch unzählige YouTube, so wie TED Videos machen das schon ganz gut. Auch die Formate 3sat makro, Bildungskanal alpha und Planet Wissen machen es schon richtig.
In den USA hat sich der Begriff EXPLANATORY JOURNALISM - also erklärender Journalismus - dafür durchgesetzt, Das gefällt mir auch sehr gut und ist vielleicht sogar besser als der Begriff BILDUNG.
Für Spezialinteressen gibt es Anbieter, für die man bezahlen muss, aber dafür auch eine gute, allgemein anerkannte Gegenleistung bekommt. Die verschiedenen Open Universities könnten ein Modell dafür werden.
Reine Unterhaltung, dazu gehört für mich auch Sport, soll es in meinem Modell von Privatanbietern geben. Wie die sich finanzieren, bleibt ihnen überlassen. Werbung alleine wird nicht ausreichen, erwarte ich. Aber wer ihre Inhalte liebt, zahlt dafür auch gerne, wie sich heute schon abzeichnet.
Bei den ÖR fehlen übrigens die wichtigen Europabezüge. Dazu braucht es eine mehrsprachige Version von Nachrichten (unbedingt auch mit einer englischen Version, auch wenn heute in Europa nur noch in Irland und Malta Englisch eine Amtssprache ist), die einerseits eine innere Bindung aufbaut, aber auch als Sprachrohr für die restliche Welt dient. Es muss aufhören, dass UK Medien die Sicht der Welt auf Europa dominieren. Sie sind in ihrer Inkompetenz und Tendenz gefährlich. Aber es scheint in der EU Administration niemanden zu geben, der dieses Problem sieht und anpackt.
Auch diesen Radiosender gibt es immer noch (allerdings heute an einem anderen Platz). Er war Anfang der 80er Jahre nur wenige Schritte von meiner Wohnung entfernt und ein festes Ziel auf meinem Abendrundgang durch Greenwich. Es war für mich als 40-Jährigen mein erster und beeindruckender Kontakt mit einem privaten Rundfunksender (auf Mittelwelle). Ich kannte vorher nur die großen Sendeanstalten in Österreich und Deutschland. Aber dieser Sender hat auf wenigen Quadratmetern ein sehr gutes Lokalprogramm geboten, das fest in meinem Autoradio programmiert war. Man konnte von außen ebenerdig durch die beiden großen Glasscheiben zuschauen, wie das Programm gemacht wird. Manchmal gab es auch Live Interviews dort, ebenfalls auf kleinsten Raum. Musik kam überwiegend von Cassetten (CDs waren gerade erst erfunden worden und sündteuer). Die meisten Interviews kamen allerdings über das Telefon. Sein Erfolgsgeheimnis war wahrscheinlich die große Nähe zu den Hörern.
Ein Lokalblatt für die Umgebung von Nizza. Immer noch aktiv! Ich habe es vor fast 30 Jahren auf einem Urlaub auf dem Cape d'Antibes entdeckt. Besonders hat mich beeindruckt, dass die ausführlichen Todesanzeigen gleich auf der zweiten Seite waren. Eine Referenz an die wahrscheinlich schon ältere Leserschaft.
Eine firmeninterne Zeitung Anfang der 1980er Jahre, die über alle Aspekte der Programmierung berichtet hat. Anfangs eine Ein-Mann Aktivität aus dem Forschungslaboratorium, hat es schnell an Bedeutung gewonnen. Es wurde aber dann bald ein Opfer der firmeninternen Internets (schon Ende der 1980er Jahre). Aber ein Beispiel, wie wichtig firmeninterne Kommunikation - auch außerhalb der offiziellen Berichtwege - ist.
Es gibt sie leider nicht mehr, die Betreiber sind schon lange gestorben. Aber warum kann eine Sauna ein Medium sein? Ich war mit Freunden immer am Freitag Abend dort, viele der Anwesenden - fast zu 100% Stammgäste - waren hungrig, weil sie erst nach der Sauna noch Essen gegangen sind.
Es war also unausweichlich, dass dort über Essen und Restaurants geredet wurde. So war ich in jener Zeit immer bestens informiert, wo und wie man gut essen konnte. Ein unbezahlbarer Umschlagplatz an Informationen.
Seit Jahren trinke ich am Sonntagmorgen an der gleichen Stelle meinen Kaffee. Und so sind einige Kontakte entstanden, die die Vielfalt meiner Stadt widerspiegeln. Ich nenne das den internationalen Frühschoppen, weil auch verschiedene Nationen vertreten sind. Hier erfahre ich, was so meist nicht in der Zeitung steht. Aus erster Hand und ungeschönt. Wie pflegte ein Teilnehmer zu sagen: dumm bin ich gekommen, gescheit gehe ich Ich bin sicher, in allen Orten gibt es ähnliche Kreise, man muss sie nur suchen.
Alle diese TV Sender haben in irgendeiner Form auch einen Bildungsauftrag. Und sie setzten ihn auch befriedigend um, die vielen Zoo- und die meisten Kochsendungen mal ausgenommen. Sie sind deshalb nicht nur bei mir beliebt, sondern auch bei vielen meiner Altersgenossen.
Schweizer Nachrichten in 10 Sprachen. Damit ist auch schon alles gesagt. Ich frage mich oft, warum die EU nicht ähnliches hinbringt. EU Nachrichten in 10 Sprachen? Bisher Fehlanzeige.
In allen Orten, wo ich länger war, habe ich die Bibliotheken besucht. Und fast überall habe ich exzellente gefunden. Menschen, die in Bibliotheken arbeiten, sind was besonderes, habe ich festgestellt. Aufgeschlossen, zuverlässig, tolerant, ehrlich und meist auch nicht parteiisch. Mit einem Wort, eine Wohltat im Dschungel der Medien.
Bibliotheken müssen i.A. keinen Gewinn abwerfen. Sie werden als Bildungseinrichtungen finanziert. Vielleicht ist das ihr Geheimnis. Und vielleicht helfen sie damit, dem Journalismus einen neuen Sinn zu geben.
Ich war auf fast allen, anfangs meist als einer der ersten. Von Facebook habe ich mich bald verabschiedet, es war im wesentlichen Zeitverschwendung, mehr nicht. Google+ fand ich von der Technik gut, aber ich war offenbar meist alleine unterwegs. Bei Twitter bin ich geblieben, aber mit ständig sich ändernden Kontakten. Viele nerven nur. Sie posten zu viel und schon bekanntes. Wer nur retweetet macht sich entbehrbar. WhatsApp wird bei manchen Events intensiv genutzt, im wesentlichen innerhalb der Familie, die weit verstreut ist. Das gleiche gilt für Instagram. Den Sinn von Snapchat habe ich nie verstanden.
Es fällt sicherlich auf, dass ARD, ZDF oder Filme in der obigen Liste nicht auftauchen. Aber irgendwie mag ich sie nicht. Sie erfordern zu viel Aufmerksamkeit und Zeit und bringen zu wenige Erkenntnisse. Dabei sind sie in der politischen Beeinflussung der großen Manipulatoren unserer Zeit, z.B. bei Putin, Trump und Erdogan nicht wegzudenken. Sie sind viel wichtiger als die Sozialen Netze und auch wesentlich wichtiger als die Printmedien.
All diese deutschen TV Formate, wo eine Gruppe von Menschen im Kreis sitzt und gleichzeitig redet, meide ich (Anne Will, Maybritt Illner, Maischberger etc.). Das deutsche Tatort Angebot ist mir zu brutal. Das deutsche Kabarett ist zu stumpfsinnig und plump. All die vielen Quizsendungen den ganzen Tag über dienen eher der Verblödung, als der Bildung. Und Filme in den Kinos sind alle zu laut.
Dabei ist der Fernseher bei mir tagsüber oft angeschaltet, Nachrichtenkanäle stets ohne Ton. Aber da ich sehr früh aufstehe, gehe ich auch früh zu Bett und ich sehe kaum noch Sendungen nach 20h. Interessanterweise hat dies auch meine Mutter schon so gemacht. Man möge mir also verzeihen, wenn ich dazu nur wenig aktuelles sagen kann.
Ich höre viel Musik (und habe auch viel Musik selbst gemacht). Aber fast nur zuhause, weniger im Konzertsaal und auch kaum im Fernsehen. Musik unterstützt meine Stimmungen. Sie motiviert zur Bewegung, zum Schreiben und erfreut mich fast immer.
Aber es gibt wenig Musik, das mich im Radio noch erreicht. Lediglich am frühen Morgen schalte ich zum Frühstück meinen Heimatsender kurz ein, bis mich dann der Morgengedanke zum Abschalten zwingt. Ich kann ihn einfach nicht ertragen. Genau so wenig, wie die allgegenwärtigen Verkehrsnachrichten.
Das Verhältnis zum Radio war zu meiner Jugend ganz anders. Aber da gab es auch noch Stars und weniger Alternativen. Heute im Alter höre ich fast ausschließlich Musik von CDs und oft die gleichen Titel. Anderen alten Menschen geht es ähnlich, wurde mir oft gesagt. Sie wissen, was ihnen gut tut!
Von ihnen musste ich mich schon seit vielen Jahren verabschieden. Ich habe zu viel lesen müssen und kann im Alter eine Brille kaum länger als eine Stunde tragen. Und ehrlich gesagt, vermisse ich sie ganz selten.
Habe ich beide gerne und in Tübingen gibt es ein reiches Angebot dazu. Reine Vorlesungen schätze ich weniger, das können die meisten nicht. Auch Hörbücher habe ich versucht, ohne Erfolg. Da ist zu wenig Raum für Fantasie. Aber Erzählungen, da kann ich gut zuhören und erfüllen die Vorträge minimale Bedingungen (die aber trotzdem für viele schwierig zu sein scheinen, selbst in einer Unistadt), dann bleiben sie eine große Bereicherung.