Es gab eine Zeit, da fand ich tatsächlich die Grünen sympathisch. Es war noch in Österreich (vor 1973) und ich war frustriert von der dort scheinbar ewigen, großen Koalition. Mir hat gefallen, dass sie an der Zukunft interessiert waren und dass keine Parteikarriere notwendig war, um gehört zu werden. Die Themen Energie, Recycling und Frieden hielt auch ich für wichtig. Aus verschiedenen Gründen habe ich sie allerdings nie gewählt. Der Hauptgrund war, dass ich lange Zeit als Ausländer nicht wahlberechtigt war und deshalb Politik keinen so hohen Stellenwert für mich hatte.
Der erste Event, wo mir die Farbe GRÜN bewusst unsympathisch in Erinnerung geblieben ist, war Joschka Fischer mit seinem Arschlochzitat 1984 und das Ende meines Vertrauens war die Brent Spar Affaire von Greenpeace 1995.
Nun ja, man kann sich irren. Ich selbst habe mich auch schon geirrt. Aber meine Distanz zur Politik war hilfreich, um die Mechanismen grüner Politik zu studieren und darüber will ich hier schreiben.
Der wichtigste Einflussfaktor war das Generieren von Angst. Am besten waren die Themen, wo die Angst wenig konkret war. Subtile Angst, nicht beweisbar und auch nicht klar sichtbar. Atomenergie, Waldsterben, Vergiftung durch Lebensmittel als Beispiele.
Angst wirkt besonders in reichen Gesellschaften und ganz vorzüglich dort, wo Menschen ohnehin an geheimnisvolle Kräfte glauben.
Verbrämt wird diese Angst durch das religiöse Argument der Bewahrung der Schöpfung.
Leider ist Angst selbst meist die größte Gefahr. Sie lähmt Entscheidungen und macht auch krank. Aber sie wirkt.
Wer Angst erzeugen kann, bekommt Macht. Die Grünen waren mit die Ersten in der deutschen Nachkriegspolitik, die fast ausschließlich durch Angst an die Macht gekommen sind.
Es sind ihnen weitere Angstmacher auf der rechten Seite treu gefolgt. Auch die AfD regiert heute vor allem mit Angst.
Das Streben nach Macht kam erst 1998 ganz deutlich zum Tragen.
Sie bedeutete eine große Änderung. Plötzlich war es möglich, nur durch Zugehörigkeit zur richtigen Farbe, ohne große Vorbildung und ohne große Fähigkeiten ein Luxusleben zu führen. Die deutschen Medien waren überwiegend freundlich zu dieser neuen Politikerklasse. Hilfreich war es dann auch, wenn man eine Frau war, denn dann hatte man auch immer die Vorteile von Quoten, die sehr beliebt waren. Journalisten rissen sich förmlich darum, grüne Parteitage kommentieren zu dürfen. Ihre Themen generierten viel Widerspruch, ideal für den so beliebten Manipulativen Journalismus in Deutschland.
Berufsausbildung, abgeschlossenes Studium oder gar Berufserfahrung waren eher nebensächlich für die Wählerinnen und Wähler. Hauptsache war, die Farbe hat gestimmt und die Kandidat*innen konnten gut reden. Ich habe auf lokaler Ebene (in Tübingen) oft mit den grünen lokalen Wählern geredet und sie als Test - gefragt, wen und was sie denn eigentlich wählen. In der Mehrzahl kannten sie weder die Fraktionsvorsitzenden noch weitere Gemeinderäte, nur irgend eine einzelne Promifigur war bekannt. Der Witz, dass man auch eine grüne Zaunlatte aufstellen kann und sie wird gewählt, hatte also durchaus Berechtigung.
Ich habe mich oft gefragt, woher der Wunsch kommt grün zu wählen. Es war irgendwie das gute Gefühl, etwas richtig zu machen oder zumindest nur wenig falsch zu machen. Klare Bekenntnisse dazu habe ich nicht gefunden. Und ich kapiere bis heute nicht, warum Grün sexy sein sollte.
Dabei waren es nicht nur unwissende Jungwähler, die so reagiert haben, nein, auch viele ältere Menschen (also meine Altersgenossen) haben so argumentiert.
Als immer mehr Muslime eingebürgert wurden und sie dann auch Grüne wählten, war wenigstens klar warum: Grün ist die heilige Farbe ihrer Religion.
Sie sind erstaunlich unspektakulär. Billige, fast hässliche Plakate, kleine Formate, alles in meinen Augen wenig ansprechend. Aber vielleicht ist es gerade das, was grüne Wähler*innen anspricht?
Besonders beliebt sind Sticker, Buttons und kleine Aufkleber mit der Farbe Gelb Rot und schwarzem Text (wie bei Atomkraft Nein Danke) zur Selbstoffenbarung. Einer meiner Sangesbrüder (über 80 Jahre alt) ist damit so geschmückt wie ein russischer General. Für mich sieht es lächerlich aus, er aber trägt mit großem Stolz diesen Klimbim.
In Tübingen ist es die enge Verbundenheit Schwäbisches Tagblatt (ST) Oberbürgermeister (OB), die für stabile hohe Werte bei den Grünen sorgt. OB wir haben die beste Zeitung, ST wir haben den besten OB. Ist irgendwie pervers für eine kritische Berichterstattung, aber dieses Win-Win Modell funktioniert schon seit 10 Jahren, überwiegend ungetrübt.
Nur damit dies nicht so offensichtlich ist, wird gelegentlich ein bisschen Kritik geübt. Aber bitte nie zu viel! Das würde die treuen Abonnenten nur verschrecken. Und selbstverständlich will dies niemand.
Ein Grundkonzept grüner Politik scheint mir zu sein, überall wo es geht, Chaos zu verbreiten, damit die Angst noch weiter vergrößert wird. Wenn eine Partei in der Opposition ist, dann ist es verständlich, dass sie alles bestehende schlecht macht. Denn nur so kann eine Wechselstimmung entstehen und daraus ein Politikwechsel.
Aber wie soll sie sich verhalten, wenn sie mitregiert? Die Beobachtung zeigt: Linke Parteien haben überhaupt kein Problem damit, gleichzeitig beides zu sein. Regierung und Opposition in einem.
Gefördert wird dies in Deutschland von den ÖR (Öffentlich-Rechtlichen) Medien, konkret ARD und ZDF. Da sie ausgewogen berichten sollen, wird in der Praxis den Kontra-Argumentationen mehr Zeit für Kritik eingeräumt, als der Erklärung eine Vorschlags der Regierung. So entsteht der falsche Eindruck, dass alles nur schlecht ist.
Ein unangenehmer Nebeneffekt dabei ist die Stärkung auch rechtsradikaler Ansichten. Die Forderung nach einem starken Mann, der wieder alles in Ordnung bringt. Da opfern wir doch gerne die Demokratie oder verlangen zumindest eine andere Form, zum Beispiel mehr direkte Demokratie. In meinen Augen läuft dies auf das Gleiche hinaus.
Die Wahlen 2018 in Bayern und Hessen haben den Grünen (und auch der AfD) starke Zuwächse gebracht. In beiden Fällen sind sie als Protestpartei gegen eine Groko in Berlin oder gegen die dominierende Regierung im Bundesland gewählt worden.
Im Endergebnis aber es hat es zumindest in Bayern wenig gebracht. Grün bleibt in der Opposition. Wie die AfD übrigens auch. Grün die linke, AfD die rechte Protestpartei, so sah es die NZZ aus der Schweiz.
Aber bei Bürgermeisterwahlen könnte dies anders sein. Da hat Grün weiterhin gute Chancen, zumindest solange, bis man den schon amtierenden grünen OB (wie 2018 in Freiburg passiert) dann einfach wieder abwählt und durch einen Parteilosen ersetzt. Ideologie ist nichts auf Dauer. Zu viele Probleme passen nicht ins Schema.
Viele der deutschen Journalist*innen sind parteipolitisch grün orientiert. Es wundert also nicht, dass es wenig kritische Berichterstattung über die Grünen und ihre Politik gibt. Da wird alles positiv dargestellt, nahezu vorbildhaft.
Vorsitzender Robert Habeck war 2018 der Hauptgast in deutschen Talkshows. Mehr Reichweite gibt es kaum.
Aus Tübingen bin ich das ja seit Jahren gewohnt. Aber anderswo wird dies noch zu weiteren Grün Erfolgen führen.
Wer in der Politik weniger von Medienvermittlern abhängig sein will, twittert deshalb selbst. Der beste Tipp, den ich Politikern dazu geben kann. Es muss ja nicht viel sein, aber es sollte gut überlegt, regelmäßig, persönlich und richtig sein. Und etwas Humor beinhalten.
Es gibt keine kleinen Lösungen dazu. Die einzige echte Chance sind weniger Menschen weltweit. Aber dies ist nicht erlaubt zu denken. Also wird man weiter mit leeren Versprechungen, viel Verboten und viel Angst erfolgreich dieses Feld beackern. Das Problem falscher Informationen sind letztlich falsche Entscheidungen. Eine davon war, unsere Atomkraftwerke zu früh abzuschalten und weiterhin auf fossile Energie zu setzen. Mich wird es kaum mehr betreffen. Meine Zukunft wird eher kurz sein.
Es sind die Jungen, die diese Probleme lösen können. Ich hoffe sehr, sie wachen früh genug auf, bevor es ganz zu spät ist.
Unabhängig von seiner politischen oder religiösen Bedeutung ist Grün immer eine wichtige Farbe gewesen. Es ist in unseren Breiten in der Natur sehr häufig und wird deshalb von vielen Menschen (auch von mir) als wohltuend empfunden und ist damit positiv besetzt.
Ich habe gerne die beiden "Grün Lieder" aus der Schönen Müllerin von Schubert (op. 25, D 795 /16 die liebe Farbe, 17 die böse Farbe) gesungen. Sie zeigen beide Empfindungen, sowohl in positiver als auch in negativer Richtung ganz gut.
Ich erinnere, dass es auch giftige Versionen von Grün gab, die verboten werden mussten. Soweit muss in in der Politik nicht kommen. Aber eine kräftige Portion gesunder Menschenverstand und mehr praktische Lebens- und Berufserfahrung täte unseren Grünen in Deutschland schon ganz gut.
Die Grünen in Österreich sind bei der Nationalratswahl 2017 an der 4%(!) Hürde gescheitert. Damit schließt sich für mich der Kreis meiner persönlichen Erinnerungen.
Immergrün, eine Pflanzengattung der Hundsgiftgewächse (Apocynaceae)