OTTO BUCHEGGER ERZÄHLT

Als ich noch in der Wissenschaft tätig war (lang ist es her), wurde ich von meinem Doktorvater angehalten, bei Besuchen in anderen Forschungsstätten darauf zu achten, welche Bücher (und auch Zeitschriften) dort herumlagen. Besonders sollten wir darauf schauen, wie abgegriffen, benutzt oder verschmutzt diese waren. Je mehr Gebrauchsspuren, desto wichtiger würden diese Bücher sein, meinte er.

Ich habe mir Bücher immer wie Lebewesen vorgestellt und sie in glückliche und unglückliche Bücher unterteilt. Die unglücklichen sind wie ungeliebte Kinder, sie existieren zwar, aber sie haben kein schönes Dasein. Es gibt davon sowohl Arme, wie auch Reiche. Die Armen landen ungelesen im Altpapier, die Reichen stehen ungelesen im Bücherregal. Das Glück eines Buches besteht darin, dass es eine Wertschätzung erfährt, z.B. dass es gelesen oder gezeigt wird. Wie bei mir üblich, habe ich eine Skala versucht, um die Wertschätzung eines Buches zu taxieren.

Das Buch Wertschätzung
Wird im Selbstverlag gedruckt 1 - 10
Von einem renommierten Verlag 3
Wird angelesen 1
Wird in einem Zug durchgelesen 7
Regt zum Nachdenken an 6
Wird öfters gelesen 8
Wird weitergegeben 4
Wird kopiert 4
Wird überall hin mitgenommen 8
Wird gestohlen, geklaut 10
Wird gekauft 5
Wird verschenkt 2 - 7
Wird zitiert 5
Erscheint in Bestsellerlisten 3
Ist ein Gesprächsthema 4
Wird zu Tode gelesen 10
Und dann wiederbeschafft 10

Über die Punkte, die ich vergebe, kann man gerne diskutieren, sie sind nicht wirklich wichtig. Sie sollen nur die Grundidee wiedergeben, nämlich, dass der Wert nicht der Preis ist, der auf dem Umschlag steht, sondern der Wert durch die Beziehung der Lesenden zum Buch entsteht.

Glückliche Bücher sind deshalb geliebte Bücher, weil ihr Inhalt Glück bereitet. Da Glück für verschiedene Menschen verschieden sein wird, wird es auch viele verschiedene, glückliche Bücher geben.

Das Format macht den Unterschied!

Meine absoluten Lieblingsbücher sind kleine, handliche Liederbücher. Sie regen mich zum Singen an, das mir besonders in der Gemeinschaft große Freude bereitet. Dazu gehörte auch das Kommersbuch, eine Sammlung von Volks- und Studentenliedern, das auf Grund der deutschen Geschichte heute keine große Bedeutung mehr hat. Auch die Gesangbücher der Kirchen sind überwiegend glückliche Bücher.

All diesen Büchern ist ein handliches Format zu eigen, sie sind im wesentlichen im DIN A6 Format (10,5 x 14,85 cm), maximal im DIN A5 Format. Und ich bin überzeugt, dass das Format - neben dem Inhalt - der zweitwichtigste Faktor für glückliche Bücher ist. Nur ein kleines Buch kann man immer bei sich tragen und das will man ja. Das Buch soll bei mir sein, soll mich aber nicht belasten, wie ein treuer Freund und ständiger Begleiter soll es mir Freude bereiten.

Das kleine Format ist kein Hindernis für großartige Inhalte. Reclam hat viele Klassiker der Weltliteratur in diesem Format untergebracht, eine Leistung, der ich großen Respekt zolle. Ich habe 2017 nach langem Suchen einen Drucker gefunden, der preiswert Hefte und Broschüren auch in kleinsten Auflagen und im Format A6 druckt und gleich die Chance genützt, um eine aktuelle Kurzfassung der Praxilogie drucken zu lassen. Zumindest mich selbst und meine Kinder hat dies glücklich gemacht!

Werbung für die Kurzfassung der Praxilogie

Glück wird - wie Freude und Wissen auch - mehr, wenn man es teilt. Ich habe daher auch diese Kurzfassung mit der Lizenz CC BY 3.0 veröffentlicht, damit jeder sie nachdrucken kann. (Bin gespannt, wann wieder jemand davon Gebrauch macht. Bisher wurde nur die Kunst der Klugheit nachgedruckt).

Selbst Fotos kann man im kleinen Format gut wiedergeben. Ich habe mit den CEWE Fotobüchern (genauer, den 14 x 13 cm großen Fotoheften) schon vielen Menschen große Freude gemacht. Besonders liebten sie meine Enkelkinder, denn auch kleine Kinderhände können sie gut halten und anschauen.

Und wenn sie "zu Tode gelesen wurden", das heißt vom vielen Gebrauch zerfetzt und unappetitlich geworden sind, dann kann man sie selbst wieder nachdrucken lassen. Leider geht dies mit vielen anderen, käuflichen Büchern oft nicht, weil sie nur limitierte Zeit erhältlich sind.

Glückliche Bücher werden also oft Taschenbücher sein. Ihr Repräsentationswert wird eher gering sein, man wird mit ihnen kaum "angeben" können. Natürlich gibt es auch Ausnahmen, wie Atlanten, Lexika und andere Handbücher, die fest an einem Ort sind und für die das Mitnehmen nicht so wichtig ist. Sie können dann in dem Format sein, das für ihre Aufgaben das zweckmäßigste ist.


Unglückliche Bücher

Einige Worte will ich auch zu den unglücklichen Büchern verlieren. Dazu gehören viele Memoiren. Wen interessiert schon, was Kanzler X oder Außenminister Y gedacht und gemacht haben, wenn die meisten froh waren, als sie endlich die politische Bühne verlassen haben.

Politiker verbrauchen sich durch ihre Arbeit und meistens sind die Memoiren nur eine Rechtfertigung, dass sie diese gut gemacht haben, auch wenn sie gescheitert sind. Selbstverständlich werden diese Bücher gekauft, will doch jeder, der sich für wichtig hält, nachschauen, ob er auch drin vorkommt. Ihre Auflagen sprechen eher für die kurze Neugierde der Leser, als für länger andauerndes Interesse.


Eine kurze Zwischenzusammenfassung

Glückliche Bücher bieten einen Inhalt an, der zum Glück der Menschen beiträgt, sei es dass er erfreut, unterhält, tröstet, gute Gefühle vermittelt, zur Aktivität animiert oder dass er informiert, Vorteile verschafft, Bewährtes weitergibt, im weitesten Sinne bildet.

Ihr Format ist so klein wie möglich, ebenso ist ihr Preis der niedrigst mögliche. Geht der Inhalt über Aktuelles hinaus und ist eher zeitlos, dann muss das Buch über einen langen Zeitraum (sicher einige Jahrzehnte) nachbestellbar sein.

Ein anderer Aspekt soll auch nicht vergessen werden: Das E-Book. Kann der E-Book Reader die Liebe zum Buch aufnehmen? Ich verwende keinen, kann daher nicht selbst urteilen. Aber einige meiner Leser sind davon begeistert. Es sind zwei Aspekte, die ihnen besonders wichtig sind: Erstens kann man die Texte vergrößern und das Format bleibt trotzdem immer noch handlich. Und zweitens kann man viele Bücher auf einmal mitnehmen. Der große Nachteil: Das Erstellen eigener Werke ist viel zu kompliziert. Ich habe lange experimentiert, aber schließlich entnervt es aufgegeben, selbst E-Books zu machen.


Glückliche Bücher schaffen Kontakte

Mit dem eigenen Lesen und Besitzen ist das Potenzial glücklicher Bücher bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Man kann viel mehr mit ihnen machen. Wer Kinder und andere Zuhörer hat, kann sie vorlesen. Man kann sie weiter schenken, nicht nur an Bekannte und Freunde, sondern auch an Wildfremde, in dem man sie dort ablegt, wo jemand anderer dankbar ist, sie zu finden.

Wenn der Inhalt ungewöhnlich oder selten ist, werden sie zu Zeitzeugnissen, an deren Hand man eine persönliche Erklärung abgeben kann. So habe ich ein persönliches Unglück damit dokumentiert und das Heft dazu wurde dreimal nachgedruckt, so oft wurde es hergezeigt. So ähnlich ist ja auch die Idee vom individuellen AAA Buch.

Eigentlich sind ein Bücherschrank oder Bücherregal der falsche Ort für sie. Entweder man liest sie regelmäßig und hat sie "bei der Hand" oder man gibt sie weiter. Als Dank wird man zumindest gute Gespräche bekommen, wenn man Gleichgesinnte gefunden hat, denen sie auch gefallen.

Selbstverständlich werden Buchhändler nicht gerade erfreut sein, wenn sie all diese Vorschläge lesen. Aber sie sollten nicht vergessen, dass sie alle eine Liebe zu einem Medium Buch ausdrücken, ohne die auch sie langfristig nicht existieren werden können.

Ich verfolge gerne Bestsellerlisten bei Büchern aller Art (wie übrigens auch bei Musik). Sie geben ganz gut die aktuellen Themen wieder, aber was mir fast wichtiger erscheint, das wären Listen mit dem Inhalt einer kleinen Haus- oder Handbibliothek. Trotz vielfältiger Konkurrenz im Internet halte ich manche gedruckte Bücher für unentbehrlich. Wahrscheinlich führt schon jemand diese Inhaltsliste, aber sie ist mir nur noch nicht untergekommen. Wie bei einer Haus- oder Reiseapotheke wird man auch diese Bibliothek regelmäßig in Teilen erneuern müssen. Oder hat das Smartphone diese Idee schon verwirklicht?

Bücher als Vorbild für andere Medien

Können wir von den glücklichen Büchern etwas für die anderen Medien, z.B. auch für das Internet, lernen? Ich denke doch. Der Hauptvorteil von gedruckten Büchern ist ihre extrem hohe Verfügbarkeit. Man kann sie nahezu in jeder hellen Umgebung und fast unabhängig von Infrastruktur (wie Stromnetz, Funknetz) lesen. Wer ihre Inhalte im Netz ersetzen will, der muss sich schon anstrengen, um eine ähnliche Verfügbarkeit zu erreichen. Und er muss auch schnelle Datenleitungen zur Verfügung stellen, soll das Netz z.B. mit dem Blättern in einem Buch mithalten können.

Der zweite Vorteil ist die Haptik, das gute Gefühl, wenn man sie in der Hand hat. Im Laufe der Zeit werden dies Handys oder Tablets auch erreichen, denke ich, aber zu welchen Kosten!

Als weiterer Vorteil wird sich die Ruhe erweisen, die das Buch vermittelt. Keine Flashes, keine aggressive Werbung, kein Sound, nichts was ablenkt! Anbieter von Internetinhalten sollten darauf ebenso achten.

Natürlich hat das Buch auch Nachteile. Es kann schnell veralten (z.B. bei Fahrplänen), weil die Aktualisierung unvergleichlich aufwändiger ist. Sein Inhalt ist auf Texte und Bilder beschränkt, es ist schwierig Hyperlinks zu imitieren und seine Inhalte lassen sich nicht so leicht und schnell mit anderen teilen.

Aber das Buch wird dennoch nicht aussterben, davon bin ich überzeugt. Vor allem wenn es guten Autoren und kreativen Verlegern gelingt, weiterhin glückliche Bücher herauszubringen.

Botanischer Garten

INHALT

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