OTTO BUCHEGGER ERZÄHLT

Es gibt wenig, was moderne Menschen lange begleitet. Sicher einige Urkunden, vielleicht auch einige geschätzte Kulturträger, wie Bilder und Bücher, kaum noch Musik in Form von Schallplatten oder CDs. Selbstverständlich aber ein Smartphone, jedoch stets das neueste Modell (für mich ein klares Zeichen, dass diese Geräte noch lange nicht ausgereift sind).

In unserer mobilen Welt trennt man sich bei jedem Umzug von Dingen, die ausgedient haben. Und je öfter man umzieht, desto weniger bleibt übrig. Und je mehr man teilen kann, desto weniger muss man ohnehin selbst besitzen.

Viele Dinge des Alltags werden nach einigen Jahren unbrauchbar. Das hat gar nichts mit Wegwerf- Gesellschaft oder Mode zu tun. Häufiges Waschen z.B. macht die Kleidung unbrauchbar, neue Lebensbedingungen (z.B. wenn die Kinder das Haus verlassen) verändern den Bedarf. Und so ist es nicht ungewöhnlich, dass uns die meisten Dinge nur kurz auf unserem Lebensweg begleiten.

Nun bin ich häufig umgezogen und auch einige Male ausgewandert und deshalb habe ich mich besonders oft von Dingen trennen müssen. Es ist mir ehrlich gesagt letztendlich auch gar nicht schwer gefallen, besonders im Alter ist es eher befreiend, wenig besitzen und pflegen zu müssen.

Vor kurzem habe ich wieder mal gründlich aufgeräumt, für mich ein gutes Mittel gegen Langeweile, und ich habe zwei Dinge entdeckt, die mich außerordentlich erfreut haben, weil sie mich wirklich lange begleitet haben, eine Bürste und ein Becher, beide aus Plastik.

Bundesheer Kleiderbürste und Trinkbecher

Beide habe ich während meines kurzen Gastspiels beim Österreichischen Bundesheer bekommen, sie waren Teil der persönlichen Ausrüstung und ich habe sie einfach aus Sentimentalität aufbewahrt. Wahrscheinlich sind alle anderen Exemplare meiner Kameraden aus den frühen Siebzigerjahren schon lange im Müll gelandet. Aber diese waren viele Jahre lang Teil meines Reisegepäcks, haben also viel von der Welt gehen. Beide sind extrem robust, sehr billig, ganz leicht und wirklich nützlich. Ich habe sie für dieses Erinnerungsfoto herausgeputzt, man sieht ihnen aber ihre lange Nutzung an. Sie sind jetzt über 42 Jahre in meinem Besitz und wahrscheinlich die Dinge, die ich mit am längsten verwendet habe.

Das Verhältnis zum Besitz

Mein Verhältnis zu Besitz hat sich im Laufe meines Lebens stark gewandelt. Während ich früher viel gesammelt habe und auch stolz auf meine Sammlungen war, kann ich heute darüber nur noch lachen. So habe ich – allen Ernstes – mal Versandhauskataloge aus Europa und den USA gesammelt. Sie waren optimale Zeitzeugen, auch eine gute Hilfe für Migranten und wären über einen längeren Zeitraum sicherlich auch eine gute Wertanlage gewesen. Aber ich habe sie dann gerne weggegeben. Papier ist zu schwer zum Aufheben und zum Umziehen. Auch Bücher habe ich nur noch ganz wenige. Meine umfangreiche Sammlung von Tübingen Büchern (Tübingensia) habe ich verschenkt. Vieles ist im Altpapier gelandet. Nur von Musiknoten konnte ich mich nie trennen.

Unzählige Fotoapparate sind durch meine Hände gegangen. Letztlich verwendet wird nur noch einer, den ich aber auch immer dabei habe. Viele Taschenmesser waren im meinen Taschen, auch noch als Erwachsener. Aber die Kontrollen an den Flughäfen haben sie dauerhaft verschwinden lassen.

Ebenso haben mich viele Computer immer nur über einen kurzen Zeitraum von einigen Jahren begleitet. Die Inhalte der Festplatten aber, mit Tausenden von Fotos, sind geblieben. Revolutioniert hat mein Sammelverhalten das Internet. Reiseunterlagen werden heute schnell entsorgt, im Netz gibt es alles besser und aktueller.

Beim Geschirr hat sich ein relativ kleiner Satz von guten Produkten eingespielt. Alles muss praktisch sein, leicht zu säubern und auch zu einander und in die Geschirrspülmaschine passen.

Inzwischen habe ich viele Brillen, an jedem Ort, wo ich mich aufhalte, liegt die passende parat. Wo ich sie brauche, sind auch Taschenlampen. Einige Funkuhren zieren meine Wände, die kostbaren Stand-, Armband- und Taschenuhren, die auch einmal gesammelt habe, sind schon lange bei meinen Erben gelandet. Verwendet wird nur noch eine preiswerte Funkarmbanduhr vom Discounter.

Das viele Werkzeug, ganz wichtig für Männer, hat inzwischen mein Sohn und er kann es auch gut einsetzen. Ich selbst besitze nur noch das Allernotwendigste.

Das Auto teile ich mit meinem Sohn, aber ein Fahrrad nenne ich noch mein eigen. Unterwegs aber bin ich meist zu Fuß oder mit – leider sehr unbequemen – öffentlichen Verkehrsmitteln.

Geblieben sind einige Artikel zur Körperpflege, wie Nagelscheren, Rasierer und Kämme. Und auch einige Musikinstrumente, die ich aber immer seltener einsetze, weil es an Gelegenheiten zum Spielen fehlt.

Kunst und Schmuck gibt es nicht mehr in meiner Wohnung. Sie sind bedeutungslos geworden. Aber ich wechsle sehr oft die Hintergrundbilder vom Bildschirm aus. Und ich verschenke öfter Bildbücher, mit selbst gemachten Fotos.

Fernseher und Radios sind bei mir Auslaufmodelle. Ich besitze sie zwar noch, aber ich setze sie nur ganz kurz ein. Das Radio mit dem Heimatsender im wesentlichen nur in der Küche, den Fernseher für Nachrichten, Wetterbericht, Aktienkurse und einige Sportsendungen. HiFi Anlage, CD und DVD Player, Plattenspieler, Kassettenrecorder, Videorecorder, besitze ich zwar noch, gut verpackt in Kisten, aber sie werden nur noch in Ausnahmefällen ausgepackt. Wesentlich öfter kommen Bild und Ton vom Computer, an dem auch gute Lautsprecher angeschlossen sind.

Die Zukunft der Dinge

Es fällt mir leicht, Prognosen zu machen, wie sich die Dinge in meinem Umfeld entwickeln werden. Sie werden bis auf das Notwendige und regelmäßig genutzte weiter großteils verschwinden und durch Dienstleistungen (oder Apps) ersetzt werden. Ich finde es schön, in einer so sicheren Umgebung alt werden zu dürfen.

Ich würde mir wünschen, dass es auch in Deutschland Praxis wird, dass alle notwendigen Geräte und Schränke Teil der Wohnung oder des Hauses sind, damit man leicht und bequem umziehen kann.

Im Alter wird oft das zu große Haus auf dem Lande zum Riesenproblem. Es fehlen in Deutschland Makler, die den Verkauf des eigenen Hauses mit dem Kauf einer seniorenfreundlichen Stadtwohnung kombinieren können. Das würde auf einfache Weise viel neuen Wohnraum schaffen!

Wer lernen will, was an Dingen wichtig ist, sollte einige Nomadenphasen in seinem Leben erleben. Reisen, besonders mit Camping oder Radwanderungen, schulen ungemein das Verständnis dafür. Auch das Überwintern im Süden hat mich gelehrt, was man über einen längeren Zeitraum tatsächlich braucht. Beeindruckend fand ich die Aussage eines syrischen Flüchtlings dazu: „In der linken Hosentasche das Smartphone, in der rechten etwas Geld, damit haben wir uns auf den Weg gemacht.“

Dinge können uns erfreuen und manche wird man auch immer wieder dringend brauchen. Aber wer in jungen Jahren mit ihnen für die Zukunft vorsorgen will, sollte über bessere Alternativen nachdenken!

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