Schon vor vielen Jahren hat mich diese Frage beim Lebensmanagement bewegt und was ich dort in der Praxilogie in eher noch jungen Jahren geschrieben habe, scheint mir immer noch richtig zu sein.
Aber inzwischen hat sich meine Perspektive wesentlich geändert: Ich bin nicht mehr 50, sondern 68 Jahre alt. Der demographische Wandel ist Realität geworden, ich bin einige Krisenerfahrungen reicher geworden, insbesondere der Wegfall von akzeptablen Zinsen auf Kapitalvermögen hat die Situation wesentlich geändert. Auch ist mein Bekanntenkreis mit mir älter geworden und ich kann auf wesentlich mehr kollektive Lebenserfahrung zurückgreifen. Vieles was früher als sicher galt, hat sich geändert, es macht also durchaus Sinn, die Frage der Altersvorsorge neu zu stellen.
Das zu lösende Grundproblem ist klar: was kann ich in jungen Jahren, in denen ich noch leistungsfähig bin, tun, damit ich im Alter, wo ich dies nicht mehr bin, noch ordentlich leben kann. Ich verwende bewußt den Begriff Altersarmut nicht, weil mit ihm viel politisches Kalkül getrieben wird, das ich nicht unterstützen möchte. Unsere Definition von Armut (als relative Armut in einem reichen Land) ist eher ein Hohn gegenüber jenen Ländern, wo die Menschen wirklich arm sind.
Welche Werte kann ich nun in aktiven Jahren anhäufen, die mir dann im Alter nützlich sind?
Sie müssen einige Bedingungen erfüllen:
Da bleibt an materiellen Dingen nicht viel übrig: Eine seniorengerechte Wohnung, vielleicht mit einer Solaranlage, die mich mit Strom und Wärme versorgt, ein naher Garten, Obstbäume, solides Werkzeug, Musikinstrumente.
Aber es bleiben die immateriellen Güter:
Ein großer Vorteil der immateriellen Güter ist, das man sie leichter überall hin mitnehmen kann. In einer globalen, sich ständig verändernden Welt ist dies nicht zu unterschätzen!
Ich mache hier einige Vereinfachungen und Verallgemeinerungen, die nicht immer gelten werde, aber hilfreich sind. Ich nehme an, dass die Menschen 75 Jahre alt werden und dass sie durchschnittlich ab 18 Jahren erwerbstätig sind. Eine weitere Annahme ist, dass sie bis 67 Jahre erwerbstätig sein können und durchschnittlich ihre Kinder mit 30 Jahren bekommen.
Ich denke, es ist realistisch anzunehmen, dass sie vor dem 30. Lebensjahr keine eigene Altersvorsorge machen werden, einfach weil das Einkommen noch zu gering ist und auch die Einsicht dafür noch nicht vorhanden ist. Auch in der Zeit, wo die Kinder klein sind, wird wenig Geld dafür übrig bleiben. Also werden nur die Jahre von 40 bis 67 dafür möglich sein. Ebenfalls realistisch ist, dass ab 55 die Leistungsfähigkeit stark abnimmt und damit auch für die Mehrzahl der Menschen auch das Gehalt abnehmen wird, zumindest nicht mehr wachsen wird, also wird man etwa bis 63 Geld zurücklegen können.
Es bleiben also etwa 23 Jahre zum intensiven Sparen (40 - 63), um damit die Zusatzrente für etwa 8 Jahre (67 - 75) zu finanzieren. Das scheint grob zu passen, setzt aber voraus, dass der Wert des Geldes erhalten bleibt.
Was ist nun mit der Grundrente? Wir haben dafür den Generationenvertrag, das heißt die arbeitende Bevölkerung bezahlt die Rentner. Ist das Verhältnis etwa 1: 10, dann würde dies auch passen. Nun aber wird dieses Verhältnis immer schlechter, es kommen immer weniger Kinder nach und die Menschen werden auf der anderen Seite immer älter und dadurch mehr, es ist also leicht abzuschätzen, dass der Generationenvertrag irgendwann platzen wird und die Kinder nicht mehr in der Lage sind, den Ruhestand der Eltern- und Großelterngeneration voll zu finanzieren. Die Rente ist also keinesfalls sicher und es fragt sich, an welchen Stellschrauben man drehen kann, um mit der Situation zurecht zu kommen.
Die erste ist den Arbeitsbeginn vorzuverlegen. Im Prinzip scheint mir das möglich zu sein, aber es widerspricht total deutscher Mentalität, wenn ich mir nur die Diskussion zum G8 anschaue.
Die Möglichkeiten am Ende der Arbeitsphase sind eher gegeben. Dazu müssten wir aber bereit sein, neue Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten zu schaffen, die ich unter Seniorenarbeit etwas ausführlicher beschrieben habe. Eine große Bereitschaft dazu sehe ich nicht, wir haben uns viel zu sehr daran gewohnt, einen echten Ruhestand zu genießen, auch wenn viele damit gar nicht glücklich werden.
Eine andere Möglichkeit wäre, während der produktiven Phase soviel zu verdienen, dass mehr zurückgelegt werden kann. Für einige Privilegierte wird dies möglich sein, generell sicher nicht, weil die Bereitschaft sich drastisch einzuschränken, nicht vorhanden sein wird. Dies geht nur dann, wenn die Menschen Vertrauen in Geldwertstabiliät haben und die ist seit den diversen Eurorettungsschirmen vorbei.
Gibt es nun andere Formen dauerhaftes Vermögen zu schaffen, das im Alter Geld bringt?
Der erste Gedanke sind nun Kinder, aber sie sind oft eine unsichere Investition, wie mir auch viele meiner Altersgenossen bestätigen. Nicht umsonst heißt es: Eine Mutter kann 5 Kinder ernähren, aber 5 Kinder keine Mutter. Ich persönlich muss dies zum Glück zwar nicht bestätigen, aber generell scheint es schon zu stimmen. Das Problem in diesem Zusammenhang ist unsere - oft durchaus - notwendige Mobilität. Wenn die Kinder nicht mehr am gleichen Ort wohnen können, weil sie der Arbeit folgen, dann wird es für sie sehr schwierig sein, zu helfen.
Wenn nun Geld unsicher ist, wie ist es Immobilien? Sie sind sicher eine Antwort, aber nur beschränkt. Ich würde die Immobilie darauf reduzieren, dass man sich einen kleinen, eigenen Altersruhesitz sichert, in dem man auch wohnt und der wenig laufende Kosten verursacht. Alles andere ist sehr aufwändig und schlecht zu managen.
Und wie es mit Aktien? In Zeiten extrem niedriger Zinsen werden sie attraktiv, aber bei ihnen gilt: Sie erfordern viel Sachverstand und sind daher nicht für alle geeignet. Und sie sind riskant, also nicht unbedingt generell seniorenfreundlich.
Edelmetalle? Gold, Platin und Silber sind leider Spekulationsobjekte, also auch nicht unbedingt einfach zu managen. Schmuck und Diamanten haben zu großen Verlust beim Verkaufen, also vielleicht auch problematisch.
Sammlungen aller Art bringen häufig Probleme, sie benötigen zuviel Platz. Oft es fehlt an Märkten, wo man sie zu guten Preisen wieder verkaufen kann. Auch die Schwerpunkte ändern sich, wer z.B. von den Jungen sammelt heute noch Briefmarken?
1. Man wird seinen Lebensstandard im Alter reduzieren müssen. Hoffentlich nicht auf Sozialhilfe Niveau (Hartz IV), wenn dies auch für einige, meist sind es Frauen, zutreffen wird. Es ist schlicht unrealistisch, im Alter auch nur annähernd soviel Geld zur Verfügung zu haben, wie zu den Zeiten guter Berufstätigkeit. Aber es gibt eine gute Kompensation dafür und das ist mehr Zeit.
Der Übergang wird viel leichter, wenn man schon vorher unter dem möglichen Standard lebt, eine Regel die auch Freiheit im Beruf bringt, weil man weniger vom Einkommen abhängig ist.
2. Es ist sinnvoll, solange man kann, zu arbeiten und später auch im Ruhestand zusätzlich Geld zu verdienen. Die Lebensqualität kann deshalb trotzdem hoch bleiben, weil Arbeit nicht nur Mühe bedeutet, sondern auch Anerkennung, Kontakte und Lernerfahrung.
Dazu ist es aber notwendig, rechtzeitig das notwendige Know-How zu erwerben, bzw. auch die Hilfsmittel dazu zu beschaffen. Ein gutes Beispiel ist das Kochen. Mit ihm kann man sowohl viel Geld sparen, als auch die Lebensqualität aufrecht erhalten. Aber man muss es können und braucht auch einige Utensilien dazu.
3. Eine eigene, passende Immobilie kann große Sicherheit bedeuten. Wird sie richtig gewählt, dann kann man auch auf das eigene Auto verzichten, ebenfalls ein großer Kostenfaktor. Aber Immobilien als Vermögensanlage generell sind eher problematisch. Wenn die Menschen weniger werden, dann gibt es auch mehr leerstehende Wohnungen.
Bei Seniorenimmobilien, wie immer bei Immobilien, ist vor allem die Lage entscheidend, soll man im Alter preiswert und sicher leben können.
4. Viele Alte leben als Single und das ist teurer als in einer Gemeinschaft. Es gibt daher zahlreiche Versuche, die Vorteile einer Gemeinschaft mit der Freiheit eines Singlelebens zu kombinieren. Optimal wäre es, wenn sich Ehepaare, wo beide etwa gleich alt sind, auch im Alter noch so gut verstehen, dass sie gut zusammenleben können und trotzdem die Freiheit haben, ein Leben nach eigener Facon zu führen. Aber leider klappt dies oft nicht.
Man kann aber die Kosten drücken, wenn der eigene Bereich wirklich klein bleibt und man im Austausch mit Nachbarn trotzdem Vorteile hat, wie gegenseitige Hilfe, gemeinsamen Einkauf, andere gemeinsame Ressourcen (z.B. Zeitungsabos) oder wechselseitige Dienstleistungen.
5. Hat man die richtige Krankenversicherung gewählt, dann hat man im Alter einen großen Vorteil davon. Wer in jungen Jahren die gesetzliche Krankenversicherung verlässt, bereut dies oft im Alter. Wer in jungen Jahren glaubt, zuviel zu bezahlen, sollte diese hohen Beiträge als Altersvorsorge ansehen, dann lebt man damit leichter. Wer in Deutschland bleibt, hat auch Zugriff auf ein gutes Gesundheitswesen, auch wenn wir immer darüber schimpfen.
6. Man wird eine Lebensform finden müssen, wo man mit wenig Geld, aber hohem Genuss seine Freizeit verbringen kann. Diese wird für jeden verschieden sein, aber wer darüber nachdenkt und aktiv bleibt, wird sicher das Passende finden. Vielleicht wird man dabei Geliebtes aufgeben müssen, z.B. das Rauchen oder Shoppen, aber ich habe an vielen Beispielen erlebt, dass die Umstellung gar nicht so schwer fällt, wie man es sich vorher vorstellt.
7. Ein gut gepflegtes Soziales Netz, lernen sich gesund zu ernähren und zu verhalten, u.a. sich viel zu bewegen, der Wille sich weiter zu bilden, werden nicht nur die Lebensqualität erhalten, sondern sie können auch hilfreich sein, manche finanzielle Engstellen zu überwinden.
8. Wenn Menschen sehr alt werden, ist das klassische Vererben meist nicht mehr sinnvoll. Die Kinder haben schon alles selbst, was sie brauchen, die Enkelkinder spricht die Erbmasse nicht mehr an. Außer Geld oder was sich leicht zu Geld machen lässt, ist für die Erben nichts mehr attraktiv. Es ist daher sinnvoll, bei den diversen Verkleinungsaktionen im Hausstand sich schon früh von allem zu trennen, was man selbst nicht mehr brauchen wird.
9. Bei Wahlentscheidungen wird die Altersvorsorge eine größere Rolle spielen. Menschen müssen unterscheiden lernen, welche Wahlvorschläge sie verarmen lassen (auch wenn sie gut klingen) und was zu Stabilität und Wohlstand beiträgt. Sicher ist, dass Inflation besonders schlecht für die Altersvorsorge ist, also Vorsicht! Inflation hilft nur beim Schulden machen, nicht aber beim Wohlstand erhalten.
Über die letzten Jahre ist die Situation für Sparer und damit auch für die individuelle Altersvorsorge kontinuierlich und drastisch schlechter geworden. Den letzten Coup, das Beenden der Serviceleistungen der Finanzagentur für Privatanleger zum Jahresende 2012, sehe ich als besonders gravierend an. Hier nimmt man den Menschen den letzten sicheren Hafen für ihr Erspartes.
Warum steht hier nichts von Kapitallebensversicherungen, Riester-Renten, Rürup-Renten und ähnlichen Finanzmodellen? Sie alle beruhen auf stabilen Finanzsystemen und ich denke, die Krisen der letzten Jahre haben gezeigt, dass auf sie nicht genügend Verlass ist. Einen Teil wird man in diese Zusatzrenten anlegen, aber ansonsten gilt: Lieber das Geld in eine eigene, kleine seniorengerechte Wohnung investieren oder - wer sich damit auskennt - auch in Aktien.
Ich war früher der Meinung, man könnte mit hochwertigen Gebrauchsgütern diese auch für den Ruhestand retten. Eigentlich hat dies in meinem Umfeld aber nur für (nichtelektronische) Musikinstrumente, Fahrräder und einfache Küchengeräte gegolten. Alles andere hat sich nicht bewährt:
Leider muss ich also hier gut gemeintes korrigieren. Ich will aber dabei nicht für eine Wegwerfgesellschaft werben, aber doch zu bedenken geben, dass sich unsere Welt schneller ändert, als ich mir das vorgestellt habe.
Eine andere Fehlmeinung war für mich der Gedanke der Selbstversorgung, das heißt alles selbst zu erzeugen, was man zum Leben braucht. Ist Land im Überfluss vorhanden (wie z.B. in den USA), dann kann dies wirklich Sinn machen.
Aber wenn es Senioren in die Städte zieht, dann braucht man in Deutschland für die Selbstversorung zu viel Ressourcen und es wird zu aufwändig. Ein kleiner Garten in der Nähe oder eine Terasse/ ein Balkon, reichen meist aus, um Freude an der Natur zu haben, aber dabei nicht zu sehr belastet zu werden.
Eine sehr gute Idee in der Vergangenheit waren die deutschen Betriebsrenten. Was damit allerdings in Zukunft passieren wird, ist mir nicht klar. Lebenslange Beschäftigungsverhältnisse werden eher die Ausnahme, als die Regel, sein. Und wo sollen die Rentenkassen ihr Geld anlegen? Was passiert beim Zusammenlegen und Aufkauf von Firmen?
Meine Generation hat davon stark profitiert, für die nachfolgenden Generationen aber müssen neue Lösungen gefunden werden.
Als Schlusswort möchte ich auf die Wichtigkeit des Friedens und der Stabilität im Land hinweisen. Nach langer Friedenszeit vergisst man gerne, wie wichtig dies ist und dass alle anderen Maßnahmen wenig Sinn machen, wenn wir nicht in Frieden leben können!
Post Scriptum: Ein alter Freund, der sehr stolz darauf war, dass er noch in hohem Alter zu Sex fähig war, hat dies durch längere Zeiten der Enthaltsamkeit in früheren Jahren erklärt und dazu gesagt: Das war auch eine Art von Altersvorsorge, von der ich heute profitiere!