OTTO BUCHEGGER ERZÄHLT

Beide scheinen eng zusammenzuhängen, so eng, dass nicht klar ist, ob die Armut die Korruption bedingt oder ob umgekehrt eine korrupte Regierung den Weg aus der Armut verhindert. Ganz offensichtlich fehlt es bisher an erfolgreichen Ansätzen, die Korruption global wirksam zu bekämpfen. Zu tief ist sie mit bestehenden Machtstrukturen verwoben.

Ich versuche, unabhängig von juristischen Begriffen, hier die Korruption als Managementproblem darzustellen. Dazu braucht es eine überzeugende Definition, ein Messverfahren, mit dem man Fortschritte messen kann, und eine realistische Vision, für das Ziel, das erreicht werden soll.

An Definitionen mangelt es nicht: Korruption ist z.B.

Etwas abstrakter betrachtet ist Korruption ein unmoralisches Verhalten, das zwar verwerflich sein mag, in vielen Fällen sogar illegal, das aber viele tun und von dem man klare Nachteile hat, wenn man nicht mitmacht! Da der Geschädigte dabei die Allgemeinheit ist, ist es schwierig Ankläger zu finden. Korruption findet also im Dunkeln statt und Angaben über ihre Schäden sind immer Dunkelziffern. Unter dem Strich führt Korruption zur Verteuerung und damit zur Verarmung und sie bewirkt einen Stillstand der Entwicklung, z.B. notwendiger Reformen.

Anzeichen für das Vorhandensein von Korruption gibt es daher viele und deutliche. Ist etwas bei uns sehr viel teurer, als in einem anderen Land, dann kann man davon ausgehen, dass es korrupte Elemente gibt! Ist eine Dienstleistung nicht vorhanden, oder dauert es sehr viel länger als anderswo, dann gilt ähnliches! Wer also als Politiker Korruption offen legen will, hat mit diesen Vergleichen immer einen einfachen Ausgangspunkt!

Schon schwieriger ist es, Korruption genauer zu messen. Ich denke, es ist sogar unmöglich. Lediglich indirekt über ihre Folgen bekommt ein Gefühl dafür. Und so ist man auf Schätzungen angewiesen. Die bekannteste in der Korruptionsindex (besser wäre Korruptionswahrnehmungsindex) oder CPI (Corruption Perceptions Index), der von der deutschen Transparency International erfunden wurde und jährlich veröffentlicht wird. Hierbei wird in Befragungen die Einschätzung von Experten gesammelt, die schätzen, wie korrupt das Land ist.

Ich verstehe zwar die Motivation der Herausgeber, sie wollten damit auch schon kleine Fortschritte in der Bekämpfung belohnen oder Zunahme von Korruption früh aufzeigen, aber es macht in meinen Augen wenig Sinn. Im Gegenteil, sie zerstören damit sogar Vertrauen in ihre wichtige Arbeit. Trotzdem ist diese Schätzung eine große Hilfe, wenn man untersucht, wie man Korruption eindämmen kann.

Nun zum letzten Teil des Managementprozesses: Die Vision, das Ziel das letztendlich erreicht werden soll. Das erste Problem, das ich dabei habe, ist die Namenswahl für das Gegenteil von Korruption. Wenn z.B das Gegenteil von Armut Wohlstand ist, dann kann ich bei der Armutsbekämpfung die Vision "Wohlstand für alle" anstreben. Gibt es wirklich kein besseres Wort für das Gegenteil von "korrupt" als "nicht korrupt"? Das meist verwendete Wort "Transparenz" überzeugt mich nicht. Korruption und Transparenz schließen einander nicht aus. Bestes Beispiel dafür war Deutschland, wo in der Vergangenheit Bestechungsgelder (für ausländische Beamte) sogar von allen sichtbar von der Steuer abgesetzt werden konnten.

Wie wäre es mit "unbestechlich", "ehrlich", "gesetzestreu", "loyal" von Seiten der Beamten? Und "fair" oder "kompetitiv" von Seiten der möglichen Bestechenden? Naiverweise könnte man sagen: Klingt gut! Aber wie überprüft man es? Bei viel Geld zählen moralische Begriffe wenig.

Genügt nicht "Abwesenheit von Korruption" als Vision? Erfahrungsgemäß aber motivieren solch negativ formulierte Ziele nicht. Warum sollte man ein   - in den Augen der Beteiligten - so nützliches Vehikel aufgeben? Ich ziehe hier eine Parallele zum Gesundheitswesen. "Abwesenheit von Krankheiten" ist keine gute Vision, "Gesundheit",  "lange Lebenswartung" oder "gesteigerte Lebensqualität", das sind attraktivere Ziele.

Ich will diesen Vergleich noch erweitern: Krankheiten sind ein Geschäft, an dem viele verdienen: Ärzte, Pharmaindustrie, Apotheker, Krankenkassen, und nicht zu vergessen auch die Lobbyisten! Kann man nicht für die Korruption ähnliche Modelle entwickeln? Also als Vision: "Legal Geld verdienen mit der Abschaffung oder Eindämmung der Korruption!".

Es gibt im Toolkit von Transparency International den Ombusmann, eine finanzierte Organisation oder eine Person, an die man sich wenden kann, wenn man gegen Korruption vorgehen will. Ein indischer Unternehmer schlägt vor, sich bei Korruption an einen seiner Rechtsanwälte zu wenden. Er plant, nur mit 30 Prozent der Kosten im Vergleich zur Bestechung dieselben Resultate für die Bestechenden zu erzielen und profitabel arbeiten zu können. Alles interessante Gedanken, die noch in den Kinderschuhen stecken, aber vielleicht erfolgreicher sind, als die moralischen Aufrufe heute. Nur eine freie Presse schöpft dieses Potenzial gelegentlich aus.

Als Realist aber möchte ich schon heute mehr Fortschritte sehen. Die Folgen der Korruption sind einfach schrecklich. Das Erdbeben 2010 in Haiti hat mit seinen katastrophalen Folgen wieder einmal gezeigt, wie schwer es die Menschen trifft, wenn sie in Armut in einem korrupten Land gefangen sind. Ein Zusammenhang Naturkatastrophen und Korruption besteht natürlich nicht, wohl aber die Relation Schäden durch Naturkatastrophen und Korruption. Gerade bei Erdbeben ist dies weltweit vergleichbar zu beobachten. Das mit Haiti 2010 vergleichbare Kobe Beben von 1995 hatte etwa 6500 Tote zu beklagen, in Haiti wird es wahrscheinlich mehr als das 10fache davon sein.

Der Ansatz, der heute den besten Erfolg verspricht ist Governance, ein englischer Begriff, der in ähnlicher Bedeutung so auch in Deutschland verwendet wird. Kurz gefasst sind das kluge Regeln für effizientes Regieren, die Missstände schon im Ansatz verhindern sollen, die idealerweise einfach, leicht verständlich und für jedermann überprüfbar sind. Wichtige Prinzipien sind dabei Check and Balances und die Transparenz durch offene Akteneinsicht, die heute durch das Internet technisch leicht zu verwirklichen ist. Als nicht so erfolgreich hat sich die gute Bezahlung von Beamten oder Abgeordneten erwiesen, die Gier ist bei manchen unersättlich.

Der Managementansatz der schrittweisen Verbesserung ist also wenig erfolgreich. Man hat kein zuverlässiges Messverfahren und kein griffiges Ziel. Über Moral und Ethik kommt man dann nicht viel weiter, wenn diese Aufforderungen nicht mit den Machtstrukruren übereinstimmen und so nur Lippenbekenntnisse sind. Trotzdem ist der Kampf gegen ein Übermass an Korruption nicht hoffnungslos. Man kann sie durch kluges Design der Institutionen reduzieren und durch Transparenz sichtbar machen. Dabei sollte man jedoch nicht übertreiben und mit Augenmass vorgehen. Wer bei jeder Kleinigkeit gleich ein Riesenproblem unterstellt, wird unglaubwürdig. Entscheidend für ein Urteil ist letztlich immer die Schadenshöhe für die Gesellschaft.

Da ich bei Lieblingsthemen schwer aufhören kann zu schreiben, verweise ich für weitere Gedanken auf den Globismus. Denn drei Wege, so glaube ich fest, führen auch bei der Korruptionsbekämpfung zum Ziel


Freude zum Schluss

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