OTTO BUCHEGGER ERZÄHLT

Ich habe mit Absicht hier den englischen vor dem deutschen Begriff verwendet, weil ich besser von Irrtümern sprechen will, als von Unrichtigkeiten (error). Als erfahrener Mensch kann ich es mir durchaus erlauben, falsche Entscheidungen oder Positionen irgendwann zuzugeben.

Beginnen will ich mit Berufsentscheidungen, wobei ich das nicht nur auf meine eigene Firma, wo ich nur eine untergeordnete Funktion hatte, beziehen möchte, weil ich mich früher auch gerne für allgemeine Fragen begeisterte.

Ich habe die Macht von Nischenprodukten unterschätzt und wollte lieber im Mainstream bleiben. Die Verlockung dazu war der mögliche größere Gewinn und der damit verbundene Ruhm. Aber will man in dieser Liga mitspielen, dann steigt auch das Risiko enorm und man hat zu viele Feinde. Also wer eine lukrative Nische gefunden hat: Das kann eine sehr gute Wahl sein.

Da ich lange selbst programmiert habe und dabei auch die Schwierigkeiten gesehen habe, die Menschen aus Bilderkulturen (mit Schriftzeichen wie in China oder Japan) damit hatten, hätte ich nie geglaubt, dass speziell China sich als Software Großmacht etablieren wird. Aber das Programmieren hat sich so entwickelt, dass dies heute kein Problem mehr ist.

Sommer in Tübingen

Ich habe große Erwartungen in Expertensysteme gesetzt. In einigen Nischen haben sie ja tatsächlich überlebt, aber der große Knüller sind sie nicht geworden.

Leider habe ich mich auch für Wikipedia engagiert. Zum Glück aber habe ich schnell erkannt, was dort falsch läuft und mich schnell wieder ausgeklinkt. Als sparsamer Mensch habe ich außer Zeit dort nichts gespendet und somit auch wenig verloren.

Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass Fernwartung von Betriebssystemen (z.B. in Form von Windows Updates) problemlos funktionieren und damit Standard wird. Auch dass sich Cloud Computing durchsetzt, dass man sogar kritische Arbeiten einem Netzwerk anvertraut, habe ich für unwahrscheinlich gehalten. Zu tief sitzt bei beiden Vorgängen noch die Angst, wichtige Daten zu verlieren oder preiszugeben.

Ich habe mich für die Zusammenarbeit zwischen deutschen und US Konzernen engagiert. Speziell hatte die Fusion Daimler - Chrysler meine Sympathie. Aber hätte man etwas kritischer die kulturellen Faktoren beleuchtet, insbesondere das Image der Deutschen in den USA, dann hätte man besser die Finger davon gelassen.

Von den großen strategischen Entscheidungen in der deutschen Wirtschaft hatte die Vision von Edzart Reuter eines "Integrierten Technologiekonzerns“ mich am meisten fasziniert. Wie sich später herausstellte, was dies ein falscher Ansatz. Größe allein muss nicht immer gut sein. Sie kann auch unbeweglich machen und in den Ruin führen.

Auch von der Verschmelzung von Finanzdienstleistern und Versicherungen in die Allfinanz hatte ich mir mehr positive Effekte erwartet. Auch hier hat sich Größe nicht als Vorteil herausgestellt, vor allem weil es auf der Kundenseite nicht genügend unabhängige Beratung gab.

Bei den politischen Entscheidungen wäre das Festhalten an zwei deutschen Staaten rückblickend sicher ein Fehler gewesen. Ich war sehr dafür, weil ich mir damit eine bessere wirtschaftliche Entwicklung vorstellen konnte. ähnliches ist ja dann auch z.B. in der Slowakei passiert, mein Gedankengang war also nicht grundsätzlich falsch. Aber es wäre politisch sehr unklug gewesen, die historische Chance einer Vereinigung zu verpassen. Mein Respekt gilt daher Kohl - Genscher, die intuitiv richtig gehandelt haben. Speziell Helmut Kohl hätte damit den Friedensnobelpreis mehr als verdient.

Ich habe übrigens nie erwartet, dass der Eiserne Vorhang so schnell fällt. Der Zusammenbruch des Kommunismus war sehr überraschend für mich, wie wahrscheinlich auch für den Rest der Welt, vom stets gut informierten Vatikan einmal abgesehen. Was ich bei Gesprächen daraus gelernt habe, es war die Macht der verzerrenden Medien, die dem Osten ein völlig unrealistisches Bild des Westens vorgegaukelt haben und den Niedergang eingeleitet haben.

Was Entwicklungen in den USA anbelangt hat, war ich meist ganz gut im prognostizieren. Aber ich war sehr unsicher, dass es Barack Obama als erster Afroamerikaner schaffen würde, Präsident zu werden. Hier habe ich mich deutlich geirrt, bin aber auch sehr froh darüber.

Ich wollte auch nicht glauben, dass es nach einer Landtagswahl in BW einmal heißen würde: Die CDU ist jetzt in der Opposition. Auch hier habe ich mich 2011 geirrt, bin allerdings ebenfalls nicht unglücklich darüber.

Bis vor kurzem habe ich Libyen für einen stabilen arabischen Staat gehalten, weil Gaddafi neben dem Reichtum für sich und seinen Clan auch sein Land wohlhabend gemacht hat. Aber wie wir jetzt wissen, war dies ein Irrtum. Es zählt also nicht nur Wohlstand, wenn Führer wie er zu lange Willkür ausüben, dann haben irgendwann die Menschen die Schnauze voll und wollen ihn einfach nicht mehr sehen.


Wenn ich überlege, was die Ursachen meiner Irrtümer waren, dann war es ein zu optimistischer Glaube an Zukunftschancen, an Macht und Größe, ein Mangel an Hintergrundwissen, ein Unterschützen des Einflusses von manipulierenden Medien, ein Unterschätzen von Angst als Motivation in reichen Gesellschaften und eine damit verbundene Fehleinschätzung von Wandel und Veränderungen.

Aber ich tröste mich: auch große Organisationen, wie Regierungen, die über einen Riesenstab verfügen, machen ähnliche Fehler.

Unter dem Strich habe ich viel Glück in meinem Leben gehabt und ich habe bisher nicht allzusehr unter meinen Irrtümern gelitten.

Freude zum Schluss

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